Spanien Tag 2: Escoses Volante (Calatayud) und Bodegas Frontonio (Valdejalon)

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Escoses Volante (Calatayud)

Nach unserem ersten Tag in Spanien wartete nach einem schönen Frühstück eine stolze Anfahrt zum nächsten Weingut auf uns. Über Zaragossa führte die Route ins Landesinnere, wo wir nach rund drei Stunden fahrt Calatayud erreichten. Die Fahrt an sich ist mässig spektakulär doch freuten wir uns auf das Treffen mit einem Master of Wine, der in dieser äusserst kargen Region Wein produziert.
Norrel Robertson mit Granacha Tinto © vvWine.ch
Der Schotte Norrel Robertson hat sich hier in spanischen Gefilden niedergelassen, um seine eigenen Weine zu kreieren. Und dies gelingt ihm, um es vorweg zu nehmen, richtig gut! Seine Garnacha-Kreationen finden weit über die Landesgrenzen hinaus grosse Beachtung. Da sich Norrell weigert, die strengen, teils etwas antiquierten Richtlinien der D.O. Calatayud einzuhalten, benennt er seine Weine einfach als „Vinos Varietal de Espana“.
Calatayud ist die jüngste D.O. Region Spaniens, welche erst 1990 in den Katalog aufgenommen wurde. Die Weinberge gedeihen vorwiegend auf einer Höhe zwischen 600 und gut 1200 Meter über Meer. Die Vegetation in diesen Höhenlagen ist karg, es wachsen lediglich einige Kräuter, vereinzelten Olivensträucher und Mandelbäume sowie natürlich Norrel’s Reben.
Zuerst führte uns Norrel in seine Reben. In weiser Voraussicht, haben Roger, Gian Carlo und ich das Angebot angenommen, im Volvo SUV von Norrel mitzufahren. Der Rest der Gruppe folgte uns im VW Bus. Kurz nachdem wir von der Hauptstrasse abgebogen sind, meinte unser Fahrer mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen: „Let’s see if they will make it in this car!“. Und ja, die Strassen wurden immer wilder bis wir schliesslich Norrel’s Reb-Terrassen auf über 1000 Metern über Meer angekommen sind. Ein atemberaubender Ausblick auf das unter uns liegende Tal bot sich uns, wobei sich die Passagiere des VW-Busses erstmal ein wenig verschnaufen und neu sammeln mussten.
Alte Garnacha-Stöcke soweit das Auge reicht © vvWine.ch
Wir standen inmitten einer Parzelle mit beeindruckend alten Rebstöcken. Der helle, trockene Boden schimmert bräunlich rot, das Klima ist erstaunlich mild. Scheinbar ein ideales Mikroklima für die Grenache-Stöcke. Beindick und mystisch verkrümmt sind die lediglich hüfthohen Pflanzen und zeugen von vielen Jahrzehnten Weinbau in der Region. Die kargen Böden bestehen vorwiegend aus Kalk- und Schiefergestein, was den Weinen ihre mineralische Note verleiht. Dazu kommt ein bräunlicher Mergel auf Sandsteingrund, was eine optimale Belüftung zulässt. Der hohe Unterschied zwischen Tag- und Nachttemperaturen ermöglicht den Trauben eine optimale Reifung bei Erhalt der Säurestruktur.
Norrel besitzt viele, sehr alte Rebstöcke in abgelegenen Gebieten rund um Calatayud. Und: es sollen noch mehr werden. Auf der Rückfahrt zeigt er uns die Flächen, welche er in langwierigen und schwierigen Verhandlungen zu kaufen versucht. Zukünftig will er vermehrt auf reine Lagenweine setzen und genau dafür braucht er grössere, zusammenhängende Rebparzellen. Norrel ist einer, der viel ausprobiert, nie ruht und beinahe jedes Jahr einen neuen Wein kreiert. Schmunzelnd meint er: „Maybe I should try to stop producing new wines every year, not to confuse my clients too much. But I get bored by producing the same wine every year again and again.“
Ein beeindruckende Kollektion von Escoses Volante © vvWine.ch
Nach der Besichtigung der Reben fahren wir zurück nach Calatayud, wo wir in einem Restaurant die Gelegenheit bekommen, sämtliche Weine von Norell zu verkosten. Und nicht nur das: vier verschiedene Sorten Paella werden uns nach den standesgemässen Tapas serviert.
Dazu kredenzen wir sieben Weine aus dem Sortiment von Escoses Volante. Der in der Schweiz wohl erfolgreichste Tropfen fehlt jedoch. El Puño tinto, mit seinem markanten, eine Faust zeigenden Etikett. Der Grund: Norrel steckt mitten in einem Rechtsstreit mit einer Webshop-Betreiberin, welche den Namen El Puño sowie das Etikett als Ihr geistiges Eigentum bezeichnet. Eine leidige Geschichte und Norell wurde bis zur Urteilsverkündung untersagt, den Wein weiter herzustellen. Noch liegen davon aber einige Flaschen bei Gerstl, zugreifen lohnt sich, solange es noch hat!
Weitere, absolute Highlights sind Manda Huevos Tinto und der En sus Trece. So viel Eleganz, Frische und Präzision hätte ich bei 14% Alkohol nicht für möglich gehalten. Wer sich davon keine Flaschen sichert, ist selber schuld. Denn wer weiss, ob es den Wein im nächsten Jahr noch gibt.

Bodegas Frontonio (Valdejalon)

Mit vollem Bauch und höchst zufrieden besteigen wir den Bus, um das nächste Ziel in Angriff zu nehmen. Uns wurde angekündigt, dass wir hier ein Ausnahmetalent treffen würden. Nach dem wir Dominik und Norrel bereits getroffen haben, war dies nur schwer zu glauben.
Auch Pier und Roger vom Gerstl-Team waren noch nie hier, doch gemäss ihren Aussagen, will Gerstl die Weine von Fernando Mora unbedingt ins Sortiment aufnehmen. Zu gut sei die Qualität und zu klein die verfügbare Menge. Wir sind gespannt.
Das Navi führt uns ins Zentrum eines Dorfes irgendwo im Nirgendwo. Nichts deutet auf eine Weinproduktion hin. Auch nicht, als uns drei nette Herren auf der Strasse entgegenkommen. Es ist der junge Fernando Mora mit seiner rechten Hand, einem erfahrenen Weinmacher, der bereits 100-Punkte-Weine gekeltert haben soll. Ausserdem ist ein englischer Agent dabei, der das aufstrebende Unternehmen in ökonomischen Fragen berät. Nach einer kurze Kennenlern-Runde führen uns die Herren zu einem Hauseingang. Na schön, wir haben davon gehört, dass Fernando seinen ersten Wein bei sich in der Badewanne gemacht haben soll, aber müssen wir uns diese jetzt wirklich anschauen?
Wahrlich unscheinbar, der Eingang von den Bodegas Frontonio © vvWine.ch
Weit gefehlt. Der unscheinbare Eingang führt in eine bestimmt acht Meter hohe Halle. Darin stehen Edelstahltanks und Holzfässer. Als uns dann noch erzählt wird, dass im Boden des kleinen Hauses drei 150’000-Liter-Fässer verstaut sind, sind wir alle ziemlich erstaunt. Es werden hier zweierlei Weine gemacht: einerseits ein Massenprodukt, welches in grosse PET Kanister abgefüllt wird und andererseits das Herzens-Projekt von Fernando, „the garage wine“.
Wir kommen in den Genuss einiger Fassproben seines letztjährigen Garnachas und verstehen sofort, warum Gerstl diesen Wein unbedingt ins Sortiment aufnehmen will. Hier schlummert etwas ganz Grosses. Fernando erzählt etwas zur Philosophie der Bodega Frontonio. Er sei dabei, jeden Tag dazu zu lernen und achtet auf einen dezenten Holzeinsatz, keine Reinzucht-Hefen, kein Schwefel, am Liebsten einfach 100% Granacha, so wenig invasiv wie möglich bearbeitet.
Verarbeitet werden vorwiegend Garnacha tinto und bianco, etwas Macabeo sowie Viognier. Andere Weine aus der Region haben traditionell von allem etwas zuviel. Genau das Gegenteil verfolgt Fernando Mora. Sehr finessenreiche, elegante und mineralische Weine bringt der angehende Master of Wine (es fehlt im dazu nur noch die Masterarbeit) hervor.
Angehender MW: Fernando Mora Aiws © vvWine.ch
Die Reben sind im Schnitt stolze 65 Jahre alt, gewisse sind sogar knapp hundert jährig. Sie liegen verteilt auf viele Parzellen und an teilweise schwer zugänglichen Orten. An einen dieser Orte werden wir geführt. Wir fahren steil den Berg hoch, vorbei an unzähligen Mandelbäumen und plötzlich eröffnet sich uns der Blick auf alte, knorrige Rebstöcke, die vorwiegend auf Kalkstein und Lehmboden gedeihen. Es scheint den Pflanzen hier oben gut zu gehen. Die Steine speichern die Wärme der Sonne und bieten eine ideale Unterlage, damit die Trauben während den merklich kühleren Nächten im Spätsommer voll ausreifen können. Es ist eine beeindruckende Gegend hier oben, und wir sind überzeugt: hier kann nur Grossartiges entstehen.
Im Vordergrund Mandelbäume, im Hintergrund die Reben von Frontonio © vvWine.ch
Man merkt es Fernando an, er ist mit ganzem Herz bei der Sache. Andächtig berührt er die Trauben, fühlt die kochend heissen Steine und erzählt uns mit einer unglaublichen Hingabe und viel Passion von seiner Arbeit und Vision. Die Ernte findet jeweils zwischen 05:00 und 10:00 Uhr am Morgen statt. Man weicht so der brennenden Mittagshitze aus. Das frisch gelesene Traubengut wird in vom örtlichen Fruchthändler geliehenen Kühlwagen gelagert, ehe es verarbeitet wird.
Die Hitze hat uns allen zugesetzt. Freudig machen wir uns auf den Weg, um die Weine von Fernando zu verkosten. Aber nix da, es geht nicht zurück in die Garage, nein. Wir fahren rund 30 Minuten ins Zentrum von Zaragossa und parken in einer Tiefgarage. Im 13. Stock hat Fernando seit einigen Tagen ein neues Büro; wir seien seine ersten Besucher.
Etwas gar krass ist der Gegensatz zwischen den traumhaften Rebbergen und diesem doch etwas kalt wirkenden Büro. Wir quetschen uns in einen Glaskasten (es sollte wohl eine Art Meeting Room sein), welcher auf maximal die Hälfte der anwesenden Personenanzahl ausgerichtet ist. Für mich definitiv nicht die idealen Verkostungsbedingungen: wenig Platz, wenig Zeit, wenig Wasser und ein relativ breites Sortiment von Weinen welche – ich ziehe meinen Hut – allesamt sensationell gelungen sind.
Ein Teil der verkosteten Weine © vvWine.ch
Ähnlich dem Burgund sind die Weine in verschiedene Qualitätsstufen eingeteilt. Die „Botijo“-Linie ist mit der Village Qualität gleichzusetzen. Die Linien „Telescopio“ und „Microscopico“ sind mit 1er Crus gleichzusetzen. Würzig und floral steigen die Aromen in die Nase. Das ist zwar noch jung, doch mit einer herrlichen Mineralik und klarer, frischer Frucht ausgestattet, wunderschön. Die „Grand Crus“, präsentieren sich in klassischem Look mit braunem Etikett und Wachskapseln. Sie werden aufgrund der sehr geringen Stückzahl wohl kaum auf den Schweizer Markt kommen. Sollte jemand eine solche Flasche im Handel aufstöbern, kann ich nur raten, diese zu kaufen. Das ist grosses Garnacha-Kino. Ich war sprachlos und vergass vor lauter Freude meine Notizen zu machen, werde dieses Erlebnis aber in bester Erinnerung behalten.
Ganz grosses Kino, leider kaum zu kriegen © vvWine.ch
Nach dieser eindrücklichen, wenn auch eher hektischen Verkostungsrunde (Pier meinte zwar, das sei noch gar nichts gegen eine richtige Burgunderverkostung im Menschengewühl), ging es weiter zum letzten Ziel, dieser bisher äusserst spannenden Spanienreise. Ich fing an, mir langsam Sorgen um mein Weinbudget zu machen. Denn von diesen beiden Weingütern werde ich mir einige Flaschen in den Keller legen. Trinkspass und Qualität zu diesem Preis, wer kann da widerstehen.
Hier geht es zum 1. Teil der Spanien-Reise.
Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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  1. […] Er gab seinen Job in der Industrie auf und gründete die Bodegas Frontonio, über deren Weine Simon Maissen an dieser Stelle schon einmal berichtet hat. Nur zwei Jahre später, 2015, lancierte Fernando in Campo de Borja ein […]

  2. […] Gerstl verfügbar. Wer mehr über die Weine von El Escoces Volante erfahren möchte, kann unseren Bericht über die Spanienreise 2016 […]

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