Willi Schaefer 2015: mehr Mosel geht nicht!

Schon seit einigen Jahren faszinieren mich die Weine vom Weingut Willi Schaefer. Nebst dem sie einen unverkennbaren Mosel-Charakter widergeben, sind sie stets sehr elegant, frisch und zeigen jeweils viel Jahrgangstypizität. Dabei ist der Jahrgang 2015, welcher nebst perfekt ausgereiften Trauben auch grandiose Säurewerte hervorbrachte, besonders gut gelungen. Wie jedes Jahr habe ich den Familienbetreib in Graach persönlich besucht und die Weine aus diesem Ausnahmejahr auf dem Weingut verkostet.

Das Weingut bewirtschaftet 4,2 Hektaren Reben, welche sich auf die Lagen Graacher Himmelreich, Graacher Domprobst und Wehlener Sonnenuhr verteilen. Alle Parzellen befinden sich im Steilhang und bestehen aus bis zu 100 Jahre alten, wurzelechten Reben. Somit dürfte klar sein, dass sämtliche Arbeiten im Rebberg von Hand durchgeführt werden. Die Gärung erfolgt mit natürlichen Hefen, ausgebaut werden die Weine in grossen Holzfässern und der Eingriff im Keller beschränkt sich auf das Nötigste.

Obwohl die Weine von Christoph Schaefer, welcher seit 2002 das Geschehen auf dem Weingut leitet, immer viel Frische zeigen, ist die Balance dieses Mal besonders gut. Der lange und warme Sommer sorgte für perfekt ausgereifte Trauben und die kühlen Nächte im Oktober bescherten hervorragende Säurewerte. Das Ergebnis sind grossartige, mineralische und aromatische Weine mit einer Leichtigkeit, wie sie nur an der Mosel entstehen.

Wie immer wurde ich herzlich empfangen und durfte sämtliche Weine bei gemütlicher Atmosphäre und interessanten Gesprächen im schönen Verkostungsraum probieren. Bereits die beiden Ortsweine, Graacher Riesling trocken und feinherb, haben mich überzeugt und bieten viel Trinkspass für wenig Geld. Anschliessend habe ich die Prädikatsweine aus dem Jahrgang 2015 verkostet.

Helles Zitronengelb. Sehr offene und frische Nase nach Zitrusfrüchten, grünem Apfel, etwas Passionsfrucht und floralen Noten. Am Gaumen elegant und filigran, die rund 40g/l Restzucker sind sehr gut eingebunden und durch die knackige und reife Säure wirkt dieser Kabinett sehr erfrischend und federleicht. Zitrusfrüchte, Sternfrucht, Honigmelone und Limettenschale, langer Abgang mit feiner Note nach Zitronenmelisse. Jetzt bis 2030, 17.5 vvPunkte (88/100)

Helles, glänzendes Zitronengelb. Die Nase ist etwas komplexer und tiefer als beim Himmelreich: reifes Steinobst, weisser Pfrisich, Aprikosen und würzige Komponenten. Saftig und cremig am Gaumen, die Säure ist reif und die Restsüsse perfekt eingebunden. Viel Würze, Aprikosen, Himbeeren und ein Hauch exotische Früchte. Wirkt trotz seiner Kraft enorm Frisch, leichtfüssig und komplex. Langer, mineralischer Abgang – ein Bilderbuch Kabinett! Jetzt bis 2033, 18 vvPunkte (90/100)

Helles Zitronengelb. Frische und fruchtige Nase nach Passionsfrucht, Limetten, Zitronenmelisse und weissen Blüten. Am Gaumen mit sehr guter Balance, viel Frische und schönem Extrakt. Exotische Früchte, Nektarine, Limettenschale und Pfirsich. Die Säure ist reif und sorgt für Trinkfluss und Eleganz, die Süsse ist sehr gut eingebunden. Langer, saftiger Abgang nach reifem Steinobst, Minze und einer mineralischen Note. Eine sehr frische und lebendige Spätlese! Jetzt bis 2035, 18 vvPunkte (91/100)

Helles, glänzendes Zitronengelb. Offene und komplexe Nase nach Ananas, Aprikosen, Mango, Schieferwürze und Blütenhonig. Sehr saftig und cremig am Gaumen, die Säure ist sehr präsent und sorgt für Frische und Struktur. Delikate Aromen nach rotem Apfel, weissen Johannisbeeren, Passionsfrucht, Mango sowie Kräuter und Minze. Langer, mineralischer Abgang mit schöner Komplexität und viel Frische. Wie bei den Kabinett Weinen, wirkt der Domprobst etwas kräftiger, zeigt zugleich aber Finesse und mehr etwas mehr Tiefe. 2018 bis 2040, 18.5 vvPunkte (92/100)

Helles Zitronengelb. Komplexes und würziges Bouquet nach Blütenhonig, Passionsfrucht, Mango, getrockneter Ananas, Vanilleblüten, Muskatnuss und Himbeerdrops. Am Gaumen mit grossartiger Balance aus Kraft, Frische und Süsse. Schöne Cremigkeit, knackige Säure und Aromen nach Quitten, Passionsfrucht, Mango, reifen Aprikosen und viel würzigen Komponenten. Dahinter eine deutliche Mineralität und eine phenolische Note. Sehr langer Abgang nach exotischen Früchten und dezenter Salzigkeit. Für mich der Inbegriff einer Mosel-Spätlese! 2018 bis 2040, 18.5+ vvPunkte (92+/100)

Kräftiges Zitronengelb im Glas. Wow, was für eine offe und florale Nase! Grapefruit, Litschi, Limettenschale, ein Hauch Passionsfrucht, Quitten, weisse Blüten und Kräuter. Sehr frisch und knackig am Gaumen, elegant und gut balanciert. Weisser Pfrisich, Honigmelone, Ananas und etwas Orange. Die Süsse wirkt für eine Auslese sehr dezent und dadurch kommen die mineralischen und floralen Noten besonders gut zum Vorschein. Sehr langer Abgang mit feinem Schmelz. Bei deutlich über 100g/l Restzucker eine solche Frische? Herrlich! Jetzt bis 2045, 18,5 vvPunkte (93/100)

Kräftiges, glänzendes Zitronengelb. Würzige und sehr komplexe Nase nach Mango, Passionsfrucht, getrockneter Ananas, Aprikosen, Vanilleblüten, Kräuter und Blütenhonig. Am Gaumen mit viel Schmelz, reifer Säure und deutlicher Mineralität. Reifer Pfrisich, Aprikosen, Papaya, Mango, Orangenschale, getrocknete Kräuter und Honig. Sehr langer Abgang mit viel Würze und animierendem Spiel aus Süsse und Säure. Wirkt derzeit etwas verschlossener als die Wehlener Sonnenuhr Auslese, zeigt aber zugleich enorm viel Tiefe und eine grossartige Mineralität. Hier schlummert gewaltiges Potential! 2020 bis 2045+, 19 vvPunkte (94/100)

Einmal mehr hat das Weingut den Jahrgang perfekt eingefangen und womoglich die beste Kollektionen überhaupt in die Flasche gefüllt. Die Balance aus Säure, Frische, Struktur und Süsse ist bei allen Weinen hervorrangend und somit darf man hier bedenkenlos von einem grossen Jahrgang sprechen. Obwohl man die Spät- und Aulesen noch viele Jahre im Keller vergessen darf, präsentieren sich alle Weine bereits sehr harmonisch und bieten enorm viel Trinkvergnügen. Der einzige Wermutstropfen ist wohl die Tatsache, dass ab Hof praktisch alle Weine schon ausverkauft sind.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch