Grossartige Kellerleichen aus 1963 und 1969
Vor einigen Tagen verkosteten wir zusammen mit Andreas und Brigitte Peter, Eigentümer von Bona Aestimare, drei „Kellerleichen“ aus dem Burgund. Andreas und Brigitte brachten diese Weine mit und wir hatten in Anbetracht des Alters der Flaschen sowie der Jahrgänge (weder 1963 noch 1969 gelten als speziell gute Jahre, 1964 dagegen brachte in aller Regel gute Wein hervor) keine grossen Erwartungen auf Genuss.
Den Gaumen regten wir mit einem reifen Ch. Haut-Bergey 2006 an. Dieser Bordeaux Blanc aus Péssac-Léognan ist eine Assemblage aus 82% aus Sauvignon blanc und 18% Semillon. Der Wein fliesst mit mittelkräftigem Goldgelb ins Glas. Die Nase zeigt deutliche Reifetöne, Petrolnoten, Gräser, Wahlnuss, reife Ananas und Birne und etwas Kokosnuss, wir schätzen den Semillon-Anteil höher ein, als die 18% welche deklariert sind. Am Gaumen frisch und saftig im Auftakt, einiges an Körper, präsente Holznote die sehr gut mit der Frucht verwoben ist. Die Säure ist markant, macht den Wein ungemein trinkanimierend. Sehr gute Länge im Abgang. 17.5 vvPunkte (89/100). Jetzt bis 2020 geniessen.
Ch. Haut-Bergey 2006 begleitete die Amuse Bouches sowie den Steinpilz-Safran-Risotto vorzüglich.
Dann kamen wir zum eigentlichen Teil des Abends, die Kellerleichen… Am Start, Vosne-Romanée 1969, Maison Thomas Bassot, Nuits-Saint-Georges „Clos des Grandes Vignes“ 1963 von Thomas Frères sowie Clos-de-Vougeot Händlerabfüllung 1964 von Grossenbacher.
Das Herausoperieren der Korken stellte sich als kleine Doktorarbeit heraus, welche Andreas mit viel Euphorie, technischem Geschick und etwas Glück vorzüglich meisterte…
Was dann geschah bestätigte Eindrücklich, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt…
Der Wein mit dem vermeintlich besten Jahrgang (1964) und aus der vermeintlich besten Lage (Clos de Vougeot) war kurz gesagt ungeniessbar, alt, oxidiert, müde, muffig, das ganze Spektrum an Untönen die eine Weinnase so bieten kann. Kurz, hinüber. Keine Bewertung. Der Füllstand auf dem 1. Bild spricht Bände…
Dann der 1969er Vosne-Romanée, Maison Thomas Bassot. Die Farbe zeigt ein aufgehelltes Rubin-Orange, deutliche Alterstöne, am Rand fast weiss und sehr durchsichtig.
Die Nase, sehr erdig, tief, rauchig, einiges an Torf, dazu rote Johannibeere, Stroh, florale Noten die an Veilchen erinnern. gute bis sehr gute Komplexität. Am Gaumen saftiger Auftakt, klar, frisch, da ist diese saftige Säure, da sind abgeschliffene Gerbstoffe, herrlich ausgewogen, mit einer eher schlanken Struktur doch so wunderbar elegant und feingliedrig, sehr komplex und im Abgang von guter Länge, Ein sehr schönes Altweinerlebnis das man eigentlich nicht in Punkte fassen will. 18.0 vvPunkte, (91/100).
Schliesslich der 1963er Nuit-Saint-Georges, Clos des Grandes Vignes von Thomas Frères: Erstaunlich dunkles Rubin, in Anbetracht des Jahrgangs erst sehr moderate Alterstöne.
Die Nase direkt nach dem öffnen ein Spektakel. Tief, rauchig, mit dunkle Beeren, roten Johannisbeeren, reife Erdbeeren, auch Hagebutte, dazu Waldboden, Pilze, wow, ein wunderbares Duftspiel, sehr komplex und unglaublich spannend. Am Gaumen weich und rund im Auftakt, wieder dunkle und rote Beeren, dazu eine würzige Note, die Gerbstoffe abgeschmolzen, die Säure präsent aber nicht zu dominant, harmoniert hervorragend mit der Frucht. Sehr gute Komplexität, im Abgang von ausgezeichneter Länge, wir sind hin und weg. So ein schönes Altwein-Erlebnis hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Danke Andreas und Brigitte, das war wirklich ein Wein zum Niederknien, 19 vvPunkte, (94/100).
Beide Weine waren natürlich schon für sich allein ein eindrückliches Erlebnis, doch sie begleiteten auch unsere Tagliata di Manzo auf Ruccola-Salat vorzüglich.
Fazit: bei so alten Weinen gibt es anscheinend keine guten oder schlechten Jahrgänge mehr und auch keine guten oder schlechten Lagen oder Produzenten. Es gibt einfach nur noch gute oder schlechte Flaschen.
Es bleibt mir Andreas und Brigitte für diese überraschend edle Spende zu danken und zu hoffen, dass wir drei weitere Kellerleichen, die bei ihnen zu Hause noch rumliegen, sehr bald gemeinsam verkosten dürfen.
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