Weingut Michel, Achkarren-Vogtsburg (Baden)

Manchmal braucht es ein bisschen länger, bis man eine schöne Seite des Lebens entdeckt. So die Region am Kaiserstuhl (Baden).

Vor ca. 2-3 Jahren habe ich vom Weingut Michel erfahren und ein paar Testflaschen des Achkarrer Schlossberg Spätburgunder QbA Barrique 2007 bestellt. Davon haben uns alle drei bisher angetasteten Flaschen sehr gut gefallen und wir freuen uns auf die nächsten.

So sind wir nun endlich mal selber in dieser wundervollen Region. Die Weinberge liegen verspielt um die Dörfer und die Dörfer sind so herrlich verschlafen, dass man fast glaubt, die Zeit sei ein wenig stehen geblieben. Dem ist aber nicht so, zumindest aus gastronomischer und weintechnischer Sicht…

Es begrüsst uns ein hervorragendes Mittagessen im Gasthof Kaiserstuhl Niederrotweil.

Es ist ein einfacher Gasthof der seinem Namen aber alle Ehre macht. Die Küche ist vorzüglich, der Service freundlich und aufmerksam. Sämtliche Gerichte – Frühlingszwiebelkuchen, hausgemachte Terrine, Morchel-Süppchen, Braten vom Geisslein mit Spargel und der Käse sind von all den frischen Gartenkräutern inspiriert, welche zur aktuellen Jahreszeit im Gasthof eigenen Garten wachsen und die Weiss- und Grauburgunder der Region passen hervorragend zum Essen. Mein grosses Kompliment für diese gastronomische Passion, welche man heute nur zu selten findet.

Nach dem Mittagessen und einem Spaziergang durch die Weinreben fahren wir zum Weingut Michel. Der rüstige Senior Michel begrüsst uns freundlich und lässt uns die gesamte Palette der Michel-Weine verkosten.

Die rund 70 Parzellen verteilen sich– grob gesagt – auf vier Lagen, den Achkarrer Schlossberg, den Achkarrer Castellberg, den Munzinger Kapellenberg und der Ihringer Winklerberg. Die tollsten Weine kommen vom Schlossberg, welcher aus eher kargen Vulkan-Böden besteht und entsprechend tiefe, charaktervolle Weine hervorbringt. Aber auch die Weine vom Castellberg, wo Lössböden dominieren, bringen äusssert angenehme Weiss-, Grau- und Spätburgunder hervor.

Sehr gut gefallen haben uns die Weissburgunder:

2010 Achkarrer Castellberg, Kabinett, trocken. Ein frischer, mineralischer Wein, mit schöner Frucht. Ideal für den unkomplizierten Apéro-Genuss und mit 6.60 Euro ein hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis. 15.0 vvpunkte. 2011-2014.

2010 Achkarrer Schlossberg, Kabinett, trocken. Etwas tiefer, mineralischer als der Castelberg, die Säure ist nerviger und erinnert an die von uns so geliebten Sancerre-Weine. Hervorragender Kabinett und mit 7.60 Euro ebenfalls äusserst erschwinglich. 15.5 vvpunke, 2011-2015.

2009 Achkarrer Schlossberg, Spätlese, trocken. Kraftvoller, cremiger aber ganz und gar nicht plump steht der Wein im Glas. Im Gegensatz zum Kabinett kann es dieser Wein auch mit Essen aufnehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein leichter Süsswasserfisch oder ein Spargelgericht hervorragend dazu munden. 16.5 vvpunkte, 2011-2015+.

2009 Achkarrer Schlossberg, Spätlese ***, trocken. Eine Reserve, welche aus noch tieferen Erträgen entsteht. Gerade mal 12 Trauben bleiben hier pro Stock im Durchschnitt hängen. Komplexe Nase, sehr mineralisch, tief und ungemein duftig, Aromen von Bergamotte-Orange und Limetten sind zu finden. Am Gaumen herrlich komplex, frische Säure aber auch viel Kraft. Dass ist sehr lecker. 17.0 vvpunkte, 2011-2017+.

Ebenfalls sehr schön sind die Grauburgunder, welche sehr sortentypisch daherkommen und durch eine gute Kombination von Cremigkeit und Frische bestechen. Ohne Notizen, aus der Erinnerung:

2010 Achkarrer Castellberg Grauburgunder, Kabinett, trocken. Cremig, tolle Säure, frisch und unkompliziert. 14.5 vvpunkte.

2010 Achkarrer Schlossberg Grauburgunder, Kabinett, trocken. Würziger als Castellberg, ebenfalls sehr ausgewogen, ungemein bekömmlich, 15 vvpunkte.

2009 Achkarrer Schlossberg Grauburgunder, Spätlese, trocken. Tiefere, komplexere Nase, am Gaumen aber auch sehr verspielt und frisch. Hervorragend. 15.5 vvpunkte.

2009 Achkarrer Schlossberg Grauburgunder, Spätlese ***, trocken. Ein Highlight. Top mineralische Nase, kräftige Struktur, herrliche Säure, hier stimmt Fülle, Frucht und Frische. Ein Klasse-Grauburgunder. 17 vvpunkte. 2011-2016+

Schliesslich verkosteten wir die Spätburgunder, oder wie wir in der Schweiz sagen, Blauburgunder.

Die Weissherbst-Weine sind – ob Trocken oder mit leichter Restsüsse – sehr unkompliziert, frisch-fruchtig und bekömmlich. Was will man mehr an einem lauen Sommerabend? 15 vvpunkte, 2011-2013.

Die Roten Spätburgunder bestechen durch ihre mineralische, würzige Art.

2009 Achkarrer Spätburgunder Qualitätswein, trocken. Was für eine frische Pinot-Nase, da ist eine klare Frucht, da ist Frische, weiche Gerbstoffe und eine gute Würze. Viel mehr Pinot für nur 8.50 Euro findet man kaum. 15.5 vvpunkte. 2011-2014.

2009 „Alte Rebe“ Spätburgunder, QbA, Barrique, trocken. Der Wein wird in gebrauchten Fässern ausgebaut und präsentiert sich äusserst duftig. Weicher, runder Auftakt, vollmundig mit herrlicher Frucht und toller Würze. Der Abgang ist lang und äusserst stimmig. Das ist schon grosse Klasse. Wer die Filigranität der Pinot-Traube schätzt und nicht den Kraftprotz sondern die Eleganz sucht, wird hier fündig. 17 vvpunkte. 2011-2016+.

2009 Achkarrer Schlossberg, Spätburgunder, QbA Barrique, trocken. Die Antwort auf Gantenbein und Co. Tiefe Nase, Mineralisch, frisch. Die Barrique-Noten sind deutlich aber nicht dominant. Am Gaumen sehr schön strukturiert, Gerbstoff, Säure, Frucht und Alkohol in perfekter Ballance. Ein grosser Pinot der es mit vielen Spitzen-Weinen der Welt aufnehmen kann. 18 vvpunkte, 2011-2020+.

Meine Notizen sind kurz, da wir mit Herrn Michel Senior noch über ganz viel anders gesprochen haben.


Was bleibt ist die Erinnerung an ein Weingut, das vom einfachen Kabinett bis zum Spitzen-Wein eine klare Linie erkennen lässt und wo das Preis-/Leistungsverhältnis wirklich stimmt. Hut ab! Wer die Burgunder-Rebsorten mag, der gönne sich einen Abstecher in diese wundervolle Region und aufs Weingut Michel.

Impressum: Adrian van Velsen, Alte Spinnerei 1, CH-5210 Windisch, Telefon +41 44 350 01 44. Adrian@vvWine.ch
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