Der Grand-Seigneur und der junge Wilde: Dom. Raveneau und Dom. Lorenzon im Kreuz Emmen

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Am 13. Mai 2017 lud das Team von Collection Markus Nauer zu einem ganz speziellen Event. Nicht weniger als fünf Jahrgänge des äusserst raren und entsprechend teuren Chablis Le Clos von der Domaine François Raveneau wurden kredenzt, ergänzt von diversen weiteren Weinen dieses Kult-Weingutes, welche zu einem eindrücklichen Menu aus der Küche von Hans-Peter Suter im Restaurant Kreuz in Emmen serviert wurden. Ebenfalls anwesend war ein mir bisher unbekannter Winzer, der Eigentümer der Domaine Lorenzon, Bruno Lorenzon.

Fünf Jahrgänge Le Clos Grand Cru, Domaine Raveneau (c) vvWine.ch

Domaine François Raveneau: der Grand-Seigneur des Chablis bestätigt seine Klasse.
Raveneau: ein Kult? Zu teuer? Gar elitär? Nein! Wer Bernard Raveneau einmal persönlich getroffen hat weiss, dass dieser Mann nichts mit kapitalistischer Gewinnmaximierung am Hut hat. Nein, Herr Ravenau ist Winzer und macht Wein. Langsam aber sicher übergibt er die Domaine an die nächste Generation, seiner Tochter Isabelle, welche wiederum das Ziel haben wird, Wein zu machen; sehr guten Wein, grossen Wein.

Bernard Raveneau konzentriert bei der Sache (c) vvWine.ch

Bernard Raveneau war persönlich anwesend, was im Kontext der doch eher restriktiven Reisepolitik des Hauses (Herr Raveneau bereist nach eigener Aussage pro Jahr genau eines seiner Export-Länder) doch fast schon wie Geburtstag und Weihnachten zusammen ist. Seelenruhig schenkte Bernard Raveneau seine Weine aus, erzählte in seiner introvertierten, ja fast scheuen Art über sein Schaffen, und beantwortete die vielen Fragen präzis und klar.

Beantwortete ruhig und ausführlich die Fragen – Bernard Raveneau (c) vvWine.ch

Es war eindrücklich, eine solch schöne Serie von Le Clos Weinen nebeneinander verkosten zu dürfen. Nachfolgend – weil ich ohne Computer angereist war – meine eher kurzen Beschreibungen und Bewertungen der Weine. Wie immer sind das Momentaufnahmen, welche nur einen Bruchteil dessen Wiedergeben, was in den Weinen steckt. Wer die Möglichkeit hat, verfolge jeden dieser Weine über mehrere Stunden im Glas, Gänsehaut ist garantiert!

2013, Chablis Le Clos Grand Cru, Domaine François Raveneau: Feine, florale Nase, Honigblüten, Kamille, reife, ausladende Frucht, angenehm tief. Am Gaumen weich, fruchtbetont und dicht, sehr schöne Würze, wieder Honig, langer Abgang. Eine relativ fruchtbetonte Le Clos-Version aus einem nicht ganz einfachen Jahr. 18.5 vvPunkte (93/100).

2012, Chablis Le Clos Grand Cru, Domaine François Raveneau: Sehr tiefe Nase, mineralisch, Stein, Kalk, Akazienhonig, Würzige Noten, wunderbar komplex, eine Nase zum Eintauchen. Am Gaumen ungemein weich im Auftakt, dann rasch kraftvoll werdend, dicht und mit ausgezeichneter Struktur, hervorragende Säure, klar und rein in der Aromatik, im Abgang sehr lang und mit einer salzigen Note. Struktur und Mineralik pur. 19 vvPunkte (96/100).

2011, Chablis Le Clos Grand Cru, Domaine François Raveneau: Offene, ausladende Nase, sehr viel Frucht, auch laktische Noten, Käserinde, Harz, Bienenhonig, Gräser, sehr komplex. Am Gaumen vollmundig und weich, sehr viel Fleisch am Knochen, herrlich reife Frucht, getragen von einer gut integrierten Säure, im Abgang von ausgezeichneter Länge. Dieser 11er ist die etwas opulente Version des Le Clos, eine gepflegte Dame mit Rubensfigur. 19 vvPunkte (95/100).

2010, Chablis Le Clos Grand Cru, Domaine François Raveneau: Sehr mineralische Nase, unglaublich tief und ausladend, man möchte Eintauchen, könnte stundenlang schnüffeln, Würze, Honig, Harz, Rauch, Heu, ein spektakuläres Aromenspiel, sich ständig verändernd. Am Gaumen enorm dicht, dabei aber nicht schwer sondern mit einer Klarheit die seinesgleichen sucht, ungemein präzis, strukturiert, messerscharf und doch mit Fülle, eine faszinierende Mineralik dominiert den Wein bis in den nicht enden wollenden Abgang. Das ist für mich der Inbegriff von Chablis, gross, einfach nur ganz gross. Weisswein in Perfektion! 20 vvPunkte (100/100).

2005, Chablis Le Clos Grand Cru, Domaine François Raveneau: Anfangs etwas verhaltene Nase, der Wein braucht am meisten Zeit sich zu öffnen, entwickelt dann herrliche Aromen von Honig, Tannenharz und auch ein Hauch Caramel sowie Limetten, dahinter florale und würzige Noten, ausgezeichnete Komplexität. Am Gaumen kraftvoll, auf den Punkt gereift aber noch mit viel Leben vor sich, top strukturiert, dicht und kompakt, enorm mineralisch. Im Abgang von grossartiger Länge und mit viel Salzigkeit. Neben dem 2010er für mich einer der besten Weine des Abends. 19.5 vvPunkte (97/100).

Himmel auf Erden oder Le Clos in Emmen? (c) vvWine.ch

Domaine Lorenzon: eine junge, wilde Entdeckung.
Und da war auch Bruno Lorenzon. Ein junger Winzer von dem ich bisher noch nie gehört habe. Er war kein Seitenwagen, kein Angehängsel oder Platz- resp. Glasfüller. Nein, Er war eine richtige Entdeckung.

Die Domaine Lorenzon ist in Mercurey angesiedelt, ein Weinbaudorf das oftmals etwas unter dem Radar der grossen, renommierten und teuren Appellationen der Cote de Nuits und Cote de Beaune schwebt. Mercurey liegt süd-östlich von Chassagne-Montrachet, rund zwölf Kilometer nord-östlich von Chalon-sur-Saône. Noch etwas südlicher gelegenen ist das Gebiet Montagny, wo Lorenzon ebenfalls hervorragende Lagen besitzt. Dieser Teil des Burgunds gehört zur Cote Chalonnaise und verfügt über Böden mit hohem Kalkanteil, dazu aber auch Mergel und etwas Sandstein.

In Gemeinden können grossartige Weine entstehen, wie Bruno Lorenzon an diesem Abend eindrücklich bewies. Die Böden alleine reichen aber nicht. Es braucht auch Köpfe, Ideen und Mut zur kompromisslosen Qualität. Es braucht charaktervolle Winzer, die das Beste aus den Lagen herausholen.

Bruno Lorenzon ist einer von denen. Jung, wild, selbstbewusst und determiniert. Seine Weine strahlen das aus, was er ist. Ein Mix aus Kraft, Wille, Nonchalance und Charme. Ein Franzose wie aus dem Bilderbuch: durch und durch Franzose und doch weltoffen und hochgradig inspiriert.

Wie oben erwähnt, habe ich auch die Lorenzon-Weine ohne Computer und im Stehen, quasi zwischen Stuhl und Bank verkostet. Entsprechend kurz sind meine Notizen, nicht minder beeindruckt aber bin ich von Lorenzons Qualitäten.

Die Weine der Domaine Lorenzon brauchten sich nicht zu verstecken (c) vvWine.ch

2015, Montagny 1er Cru Les Truffières, Domaine Lorenzon (Chardonnay): Sehr offene, reichhaltige Nase, Apfel, Gräser, weisse Blüten, viel Würze. Am Gaumen weich beginnend, dann packt der Wein zu, wird straff und zeigt viel Dichte, keinerlei Fett auf den Rippen, ungemein drahtig und präzis, sehr saftige Frucht, sehr langer Abgang, endet leicht salzig. 18 vvPunkte (91/100).

2014, Mercurey 1er Cru Champs Martin, Domaine Lorenzon (Chardonnay): Tiefe Nase, rauchig, würzig, mineralisch, steinig, kühl anmutend. Am Gaumen straff, auch hier mit markanter Mineralität, herrlich würzig, perfekt integrierte Säure, strukturiert, noch ungestüm aber mit grossartigen Reserven. Ein expressiver Chardonnay mit sehr viel Terroircharakter. 18.5+ vvPunkte (93+/100).

2014, Piece 15, Domaine Lorenzon (Chardonnay): Tiefe, sehr noble Nase, Rauch, Kräuter, weisse Blüten, Citrusfrüchte, betörende Mineralik, eine kleine Schnüffel-Droge. Am Gaumen vollmundig und kraftvoll, da ist enorm viel Druck im Spiel, dabei bleibt der Wein aber tänzerisch leicht, zeigt sehr viel Spannung, Charakter, Struktur. Ein Powerpacket auf dem Hochseil, vibrierend, faszinierend, gross. 19 vvPunkte (95/100).

2015, Mercurey 1er Cru, Champs Martin, Domaine Lorenzon (Pinot Noir): Krautig-würzige Nase, sehr frisch, aromatisch noch etwas verhalten, zeigt aber eine schöne Tiefe. Saftiger Gaumen, ungemein strukturiert, würzig, rotfruchtig mit vielen Kirschen und Johannisbeeren, das Holz perfekt eingebunden, enorm frisch und sehr lang im Abgang. Ein Sehr gelungener weil ungemein gradliniger Pinot Noir. 18 vvPunkte (91/100).

2014, Montagny 1er Cru, Les Truffières, Domaine Lorenzon (Pinot Noir): In der Nase deutlich Reduktiv, kein idealer Zeitpunkt, aromatisch ist der Wein, trotz viel Luft, aktuell schwierig zu beschreiben. Am Gaumen top strukturiert, sehr straff, mit feinen Gerbstoffen, saftiger Frucht und noch markanten Holznoten, auch hier zeigt er erst sein Korsett, noch nicht sein wahres Inneres. Unbedingt nachverkosten, hat sicherlich grosses Potential.  17.5 vvPuntke (89+/100)

2013, Piece 15, Domaine Lorenzon (Pinot Noir): Sehr offene, erstaunlich weit entwickelte Nase, Kirschen, würzige Noten die an Weihnachtsgewürze erinnern, sehr schöne Komplexität. Am Gaumen weich im Auftakt, dann straff werdend, bestechende Mineralik, feinste Tannine, sehr gut integrierte Säure, ungemein frisch, saftig und knackig und mit feinwürzigem Abgang. Macht heute schon Spass, kann reifen. 18 vvPunkte (91/100).

Pinot Noir mit Stuktur und Frische – Domaine Lorenzon (c) vvWine.ch

Zum anschliessenden, und das sein an dieser Stelle erwähnt, grossartigen Essen, gabe es eine Selektion von beiden Produzenten. Da ich die wunderbaren Kreationen von Hans-Peter Suter und seinem Team vollends geniessen wollte, habe ich mir keine detaillierten Notizen zu den Weinen gemacht.

Zu den Weinen von Raveneau nur soviel: Butteaux 2012 präsentierte sich mit viel Schmelz und Körper auf grossartigem Niveau (19 vvPunkte – 95/100), Montée de Tonnèrre 2010 legte dann sogar noch einen drauf. Dieser 1er Cru kam in meiner Wertung fast an den Le Clos 2010 heran, ein Meisterwerk aus Kraft, Dichte und Eleganz (19.5 vvPunkte – 98/100) und ein Beweis dafür, dass auch die 1er Cru Weine von Raveneau grossartige Gaumenfreuden ins Glas bringen. Butteaux 2007 schliesslich illustrierte eindrücklich, dass auch ein 10jähriger Chablis von Raveneau ungemein jugendlich und frisch daherkommen kann. Mit seiner wunderbaren Honignote, seinem Schmelz, seiner rauchig-würzigen Note, die mich an Thymian erinnerte und seiner bestechenden Frische im Abgang durfte ich noch einmal an diesem Abend 19.5 vvPunkte (97/100) notieren.

Von den „Tischweinen“ Lorenzons gefiel mir der Mercurey Croichots 1er cru 2014 mit seiner wunderbaren Frische und Saftigkeit, seinen leicht nussigen Noten, welche die intensive Pfirsich-Frucht begleiteten und in einem mineralischen Finish endet äusserst gut. 18.5+ vvPunkte (92+/100).

Bei den roten Weinen von Lorenzon bestachen der 2012er Champs Martin der in der Nase eine wunderbar würzige, krautige Aromatik bot, so dass ich mich schon fast in einem Gevrey-Chambertin von Fourrier wähnte (18.5 vvPunkte – 93/100). Der Carline 2014 verführte durch seine feine, weiche, ja fast feminine Art (18.5 vvPunkte – 92/100) während der 2014er Piece 13 (100% Ganztraubenvergärung) aufzeigte, dass Lorenzon Weine durchaus das Niveau eines Grand Cru erreichen können, obwohl die Region keine Grand Cru Appellation hat. Dieser Piece 13 war einfach nur grossartig, dicht, kraftvoll, würzig und unglaublich lang im Abgang, ein Pinot-Spektakel, das ich unbedingt noch einmal in aller Ruhe erleben möchte, Bravo! 19 vvPunkte (95/100).

Grand Cru Niveau: Piece 13 von Lorenzon (c) vvWine.ch

Fazit: ob etabliert oder jung und wild – das Burgund bietet Grosses.
Die Weine der Domaine François Raveneau sind einmalige Chardonnay-Interpretationen, ja für mich die Quintessenz der grossen Terroirs im Chablis. Egal ob der rare Le Clos oder auch etwas besser verfügbare Weine wie der 1er Cru Montée de Tonnèrre, allesamt zeigen sie eine hervorragende Mineralik, diese für Chablis so typische Honignote, viel Würze und bei aller Kraft, Dichte und Struktur dennoch eine ausgesprochene Eleganz. Chablis von Raveneau ist wie das Präzisionswerk einer noblen Schweizer Uhr: Tradition, Terroir und Technik aufs Beste vereint. Merci Monsieur Raveneau!

Wer die Weine der Domaine Lorenzon (wie ich bis anhin) nicht kannte, sollte unbedingt ein Auge auf dieses Gut werfen oder besser noch eine Nase in mit Weinen des Gutes gefüllten Gläser halten. Manch einer dürfte überrascht sein von der Qualität, die hier geboten wird. Weiter so, Bruno!

Last but not least war für mich auch die Küche des Restaurant Kreuz in Emmen ein Highlight. Sämtliche Speisen waren perfekt auf die Weine abgestimmt und auf Sternchen-Niveau zubereitet. Die Küche bestach weniger durch Firlefanz und Molekularspektakel als vielmehr durch eine selbstsichere, gradlinige Zubereitungsart, welche dem Eigengeschmack der Zutaten eine entsprechende Bühne bot. Ein grosses Kompliment an dieser Stelle an Hans-Peter Suter und sein Team; ich war zwar zum ersten Mal, bestimmt aber nicht zum letzten Mal im Kreuz.

Es bleibt mir, Christine und Markus Nauer Danke zu sagen. Danke für einen unvergesslichen Abend mit grossartigen Weinen, wunderbarem Essen, disziplinierten Gästen und vielen interessanten und inspirierenden Gesprächen.

Die Weine der Domaine Lorenzon sowie der Domaine Raveneau (sehr beschränkt und meistens ausverkauft) sind bei Collection Markus Nauer erhältlich.

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  1. Raveneau kann Launen verändern – vvWine.ch sagt:

    […] berichtete hier schon mal über diesen Top-Winzer der es Jahr für Jahr schafft, die gesamte Mineralität seines Chablis-Terroirs in die Flaschen zu […]

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