Domaine de la Romanée-Conti 2020
Auch dieses Jahr durfte ich im Rahmen der legendären DRC-Arrivage-Degustation von Martel den jüngsten Jahrgang der insgesamt 9 Grand Cru’s der Domaine de la Romanée Conti verkosten. Das Jahr 2020 begann im Winter mit viel Regen, was in den Böden zu einer Feuchtigkeitsreserve führte, über die man später im Jahresverlauf mehr als nur froh war. Schon im Frühling waren die Temperaturen überdurchschnittlich hoch und das Wetter wunderschön, so dass die Rebstöcke bereits am 20. März ihre ersten Triebe bildeten. Wir alle erinnern uns sicherlich an den wunderschönen «Corona-Frühling», während dem wir mit ausgedehnten Spaziergängen im Freien versuchten, der Lockdown-Depression zu entfliehen. Dem Traumfrühling folgte ab Juli ein ausserordentlich heisser und trockener Sommer, während dem die Trauben in den biodynamisch kultivierten Parzellen der Domaine de la Romanée-Conti erfreulicherweise ohne Trockenstress perfekt ausreifen konnten. Das Resultat: Top qualitative Weine, die gemäss Jan Martels Ausführungen in ihrer Stilistik im Jungweinstadium ein wenig an die Weine aus 1990 erinnern. Mehr über den Jahrgang erfährt man direkt auf der Website der DRC.
Mein persönlicher Eindruck war, dass der Jahrgang etwas heterogener daherkommt, als man aufgrund des Wetterverlaufes vermuten könnte. So war ich vom La Tâche, der sonst oft zur absoluten Spitze der Domaine gehört, etwas weniger angetan als in anderen Jahren. Dafür vermochte Romanée-St-Vivant, für den ich zugebenermassen seit Jahren ein Faible habe, mit grosser Komplexität und blitzsauberer Frucht zu überzeugen.
Die Verkostung war vom Martel-Team wie immer top organisiert. Rund 1200 Zalto-Gläser wurden während 21 Arbeitsstunden von Hand gewaschen und poliert, 11 davon gingen dabei in Brüche, was für einmal gut ist, denn Scherben bringen Glück – in diesem Fall «Korkglück». Alle Weine wurden am Mittag geöffnet, doppelt verkostet, um sicher zu gehen, dass kein fehlerhafter Wein ins Glas geschenkt wird und siehe da, im Gegensatz zu anderen Jahren, wo doch die eine oder andere Flasche mit TCA kontaminiert war, hatte keine der 63 Flaschen aus dem Jahrgang 2020 ein Korkproblem. Ich hoffe, dass dies für die glücklichen Besitzer von DRC-Weinen mit Jahrgang 2020 ein gutes Omen ist.
Ich probierte die Weine wie immer in Ruhe und parallel zueinander über mehr als eine Stunde. Dies erlaubte mir die Weine mehrfach zu probieren und auch deren Entwicklung im Glas zu erfassen. Die dabei gewonnenen Eindrücke möchte ich meiner Leserschaft nicht vorenthalten. Es sind wie immer Momentaufnahmen, welche die Grösse und Komplexität dieser Weine nur schattenhaft abbilden können.
2020, Corton Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. Rauchige Nase, ein Hauch Tabak, darunter Kirschen, ein Mix aus roter und dunkler Beerenfrucht, darüber Gräser und Orangenblüten, mit mehr Luft Bergamotte und eine deutliche Mineralität, sehr komplex. Im Gaumen rund und zugänglich, feine, bereits gut verpackte Tannine, eher warm im Charakter, jedoch mit guter Säure und einem milden, runden, harmonischen Abgang auf eher dunkle Beeren. Dürfte in jeder Phase seines Lebens Spass machen. 2024-2040, 93 vvPunkte
2020, Échézeaux Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. In der Serie der 2020er-Weine der rotfruchtigste Vertreter, ein herrlicher Duft, Johannisbeeren, Sauerkirschen, florale Noten, Rosentee, Süssholz, mit Luft auch Lorbeer und Chili. Im Gaumen gradlinig, knackig und mit viel Trinkfluss, eine top Säure trägt die süsse Frucht, der Wein wirkt lebendig, elegant, saftig und frisch. Langer Abgang auf rote Beeren und wiederum florale Töne. Ein delikater Échézeaux, der vielleicht etwas harmloser wirkt, als er eigentlich ist. 2026-2044, 95 vvPunkte
2020, Grands Échézeaux Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. Während der Échézeaux im Glas daneben expressiv und rotfruchtig wirkt, ist der 2020er Grands Échézeaux deutlich stiller, verhaltender und auch dunkelfruchtiger, der Wein ist voller Subtilität, man sucht, man findet, neben dunklen Beeren und Tabak auch Safran, Marille, Bergwiese und Walnuss. Im Gaumen mit einer milden Säure und feinen Tanninen, welche die reife, dunkle Frucht stützten, harmonisch, ruhig und langanhaltend im Abgang, hallt dunkelfruchtig nach, liegt dieses Jahr knapp auf Augenhöhe des Échézeaux. 2027-2044, 94 vvPunkte
2020, Romanée-St-Vivant Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. In der Nase tiefgründig, kühl und mineralisch geprägt, was für ein klarer Duft, dunkle Frucht, Kräuter, florale Töne, Mandelblüten, Zimt, Erde, verändert sich ständig, wird immer komplexer, da jubelnd die Sinne. Der Gaumen ist leichtfüssig und doch druckvoll, hochelegant, das ist pure Präzision, feinstes Tannin, hervorragende Säure, knackige Frucht, perfekt dosierter Alkohol, hier ist alles an seinem Platz, nichts überwiegt, blitzsauber. Fast endloser Abgang auf Waldfrüchte und florale Noten. Ja, ich habe ein Faible für diesen Grand Cru, doch auch dieses Jahr ist der RSV ein kleines Meisterwerk. Präzision und Eleganz auf höchstem Niveau. 2025-2050, 98 vvPunkte.
2020, Richebourg Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Nach dem Romanée-St-Vivant im Glas daneben hat es der Richebourg im Jahr 2020 richtig schwer. Mittleres Rubinrot. In der Nase mit ledrigen Noten (sensitive Nasen am Tisch sprachen von einem Anflug an Bret), dazu Röstaromen vom markanten Barrique-Ausbau, eher warm im Ausdruck, mit reifer Frucht, Rauch, Schokolade und vielen Weihnachtsgewürzen, ist dieser Duft ungemein komplex. Der Gaumen ist vollmundig, rund, ein Mund voll Wein, Schmelz, Fülle, dennoch mit Eleganz, sehr feine Gerbstoffe, milde Säure. Reiffruchtiger Abgang mit warmem Ausdruck. Kommt dieses Jahr nicht an den RSV heran, hat jedoch sehr gute Reserven. 2025-2050, 96 vvPunkte.
2020, La Tâche Grand Cru Monopole, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. Die Nase ist stark von der Ganztraubenvergärung geprägt, krautig, herbal, erinnert an Tomatenstile, eher kühl im Ausdruck, mit Johannisbeeren und Kirschen als Fruchtaroma, dazu ein laktischer Touch, der an Kräuterkäse erinnert, darüber Rauch, Koriandersamen, Lilien, auch Tabak, darunter eine subtile Mineralität, sehr komplex. Im Gaumen straff, frisch, mittlerer Körper, gute Säure, die Tannine sind von höchster Güte, stützen die delikate Frucht, dennoch ist dieser Wein aktuell nicht einfach zu verstehen, er brilliert nicht wie in anderen Jahren. Vielleicht unterschätze ich diesen La Tâche in diesem Stadium. Vielleicht gibt sich dereinst die Möglichkeit, diesen Wein nachzuverkosten… 2030-2050, 96-97+ vvPunkte
2020, Romanée-Conti Grand Cru Monopole, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Mittleres Rubinrot. Was soll ich hier sagen – das ist vielleicht der nobelste und schönste Romanée-Conti, den ich bisher schnupper durfte, still, verhalten, majestätisch, tiefgründig, floral, Waldbeeren, Kräuter, Senfkörner, Tomatenstile, das ist eine Fusion aus der herbalen Dimensionen von La Tâche und der zauberhaften Aromatik des Romanée-St-Vivant, ich könnte hier stundenlang schnuppern. Im Gaumen klar und rein wie ein Bergbach, was für eine delikate Frucht, was für ein feines Tannin, dicht, konzentriert und dennoch federleicht, das ist die ganz grosse Klasse, was Pinot Noir bieten kann, pure Präzision, grandiose Länge, ein Masterpiece der Weinproduktion. Geht Wein besser? Grosse Weine sind immer gross, 2025 bis 2055+, 100 vvPunkte.
2020, Corton-Charlemagne Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Kräftiges Goldgelb. Offene Nase, kühl, stählern, sehr duftig, Honig, Blüten, Caramel, Apfel, auch reife Zitrusfrüchte, dahinter Heu, Kräuter. Im Gaumen weich, rund, vollmundig, dann packt die Säure zu, der Wein hat eine gute Balance aus Frucht und Struktur, viel Eleganz, sehr gute Länge. Stilistisch sicherlich näher an einem typischen Burgunder-Weisswein als der üppige Montrachet im Glas daneben, in Sachen Komplexität jedoch nicht ganz auf dessen Niveau. 95 vvPunkte
2020, Montrachet Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Kräftiges Goldgelb. Offene Nase, sehr intensiv, die Aromatik erinnert etwas an einen Sauternes, Rosinen, Studentenfutter, Nüsse, Mandeln, Melone, darunter steinige Noten, top komplex. Im Gaumen üppig und mit viel Konzentration, ein Mund voll Wein, satte, reife Frucht, gekontert von einer guten Säurestruktur, die Balance ist eindrücklich, der Wein zeigt Druck und Kraft, hallt im Abgang minutenlang nach. Ein eindrücklicher Wein, auf der opulenten Seite des Burgunds. 97 vvPunkte
PS: Interessennachweis: Der Autor hat die nicht ganz bescheidenen Kosten für diese exklusive Weindegustation zu 100% aus seiner eigenen Tasche bezahlt; vvWine wurde von Martel NICHT zu dieser Probe eingeladen. Dennoch stellt vvWine die Verkostungsnotizen seiner Leserschaft kostenlos zur Verfügung. Wer sich an diesen Unkosten freiwillig beteiligen will, darf dies mit einer Spende via PayPal gerne machen.
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