101% Eleganz: Garnacha by Frontonio.
Fernando Mora, seineszeichens Master of Wine (MW), war ursprünglich als Ingenieur in der Automobil- und Windkraftindustrie tätig. Doch seine eigentliche Passion ist der Wein, genauer gesagt, die Traubensorte Garnacha. Sein erstes Weinprojekt hatte lediglich Hobby-Dimensionen: Er pflanzte im Garten seiner Grosseltern in Alagón, Zaragoza, 28 Rebstöcke und vinifizierte 2008 mit einem Winemaking-Bausatz zu Hause seinen ersten Wein. 2013 wurde aus dem Hobby ein Beruf. Er gab seinen Job in der Industrie auf und gründete die Bodegas Frontonio, über deren Weine Simon Maissen an dieser Stelle schon einmal berichtet hat. Nur zwei Jahre später, 2015, lancierte Fernando in Campo de Borja ein weiteres Projekt namens Cuevas de Arom.
Kürzlich war Fernando für ein paar Tage in Zürich, um am Matter of Taste im Dolder Grand Hotel seine vom Wine Advocate hoch bewerteten Weine zu präsentieren. Am Vorabend dieses Events verkostete ich im Restaurant Bauernschänke zusammen mit meinem Freund Marcio Hamann, der heute im Team von Gerstl für Social Media, Spanien und Schaumwein zuständig ist, die jüngsten Kinder von Fernando Mora. Ich gebe zu, ich war ziemlich sprachlos, denn auch wenn Marcio mir im Vorfeld von der hohen Qualität der Weine erzählt hat; so viel Eleganz hätte ich nicht erwartet. Es sind ausgezeichnete Tropfen, die jeden Finessen-Liebhaber überzeugen dürften. Leider ist der Spitzenwein, der El Jardín de las Iguales, heute preislich kein Schnäppchen mehr. Doch auch das Mittelfeld, so z.B. der 2020er «La Cerqueta», der bald auf den Markt kommen wird, bieten grandiosen Trinkspass zu einem überschaubaren Kurs.
2020, Laloma & Los Santos, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (Ein Wein aus zwei verschiedenen Lagen, die eine mit Kalkböden, die andere mit Schieferböden, Blend aus Garnach blanca & Macabeo, nur 3000 Flaschen Produktion). Offene Nase, Birnen, dezente Reduktion, leise, dezent kräuterig, verhalten, mit mehr Luft Apfel, Saint Aubin lässt grüssen, doch wir sind in Spanien. Im Gaumen cremig, rund, ein Wein mit Schmelz und Kraft, bleibt dabei elegant, die Säure ist sehr gut verpackt, nicht überbordend, stützt die Frucht, ungemein salzig und frisch im Abgang. Ein opulenter und dennoch sehr filigraner Weisswein. 92 vvPunkte
2019, El Jardin de Las Iguales, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (Weinberg auf 700 Meter, Reben gepflanzt zwischen 1898 und 1908, Böden sind Schiefer und Quarzit, nur 802 Flaschen, 13.5% Alkohol) Offene Nase, tiefgründig, Apfel, Fenchelsamen, ein Hauch Oxidation schwingt mit, Zitruszesten, das ist wie ein Spaziergang durch einen Kräutergarten, ein Gedicht, wenn es keinen Champagner gäbe, würde ich gerne an diesem Wein schnüffeln. Im Gaumen druckvoll und doch federleicht, fruchtlos, nicht furchtlos, das ist ein Wein mit enorm viel Salzigkeit, Struktur, grosser Frische, hier treffen Eleganz und Power aufeinander, es sind Gegensätze und Energie. Was für ein Wein, grosses Kino. 95 vvPunkte
2020, Telescpoico, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (Garnacha, Garnacha Peluda, Mazuela, 13.5% Alkohol, 14 Tsd. Flaschen) Offene, fruchtige Nase, das ist wie eine Kollision von Cote du Rhone und Gamay, Brombeeren, Erdbeeren, Gewürze, mit mehr Luft auch Schwarztee, angenehm komplex. Im Gaumen straff, top Frucht, merklich Gerbstoff, ein Tick rustikal, jedoch mit Charme und vor allem viel Frische, aromatisch nicht superkomplex, jedoch mit einem Trinkfluss, der fast schon gefährlich ist. Wenn es nur mehr Spanier gäbe, die genau diesen Trinkspass bieten. 90 vvPunkte
2020, Supersonico, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (93% Garnacha, 7% Macabeo, höchster Weinberg von Frontonio auf 1030 Meter Höhe, mit Schieferböden, 13.5% Alkohol) Mittleres Rubinrot. Die Nase springt aus dem Glas, top reife, jedoch nicht überreife Frucht, Pflaumen, Kirschen, Walderdbeeren, Gewürze, ein kleiner Nasentraum, Erdbeermarmelade mit Niveau. Im Gaumen rund, weich, top Frucht, feinkörniges Tannin, perfekt integrierte Säure, ein Wein mit Rasse und Schwung, warm im Herzen, frisch und leichtfüssig im Stil. Das ist sehr viel Wein fürs Geld. 93 vvPunkte
2020, La Cerqueta, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (Weinberg mit Schieferböden, Reben gepflanzt in den 1940er Jahren, nur 2304 Flaschen, 13.5% Alkohol) Erdbeermarmelade, Sauerkirschen, Kräuter, ein Hauch Vanille, ein sehr feiner Duft. Im Gaumen saftig, frisch, warme, reife Frucht, dennoch sehr präzis, die Tannine von sehr guter Qualität, umgarnt die delikate Frucht, der Wein hat Wärme ohne jegliche Hitzigkeit, zeigt viel Eleganz, hier kann sich mancher Produzent aus dem Châteauneuf-du-Pape eine Scheibe Stilistik abschneiden – und es bleibt diesem Wein dennoch etwas übrig. Sehr viel Genuss für’s Geld. Grenache mit Struktur und Finesse auf hohem Niveau. 95 vvPunkte
2020, La Tejera, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (90% Garnacha, 10% Macabeo, 4531 Flaschen, 13.5%) Helles Granatrot. Die Nase ist eine kleine Offenbarung, Gewürze, Erdbeeren, Rhabarberkuchen, blonder Tabak, Kräuter, florale Noten, ein Gedicht. Im Gaumen super fein, top Qualität in Sachen Tannin, feinkörnig, die delikate Frucht umgarnend, im Abgang sehr lang, mit Orangenzesten und Johannisbeeren. 95 vvPunkte
2020, El Jardin de Las Iguales Garnacha, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (100% Garnacha von 100-jährigen Reben, die auf Kalk- und Schieferböden in einer nur 1.8 ha kleinen Einzellage auf 700 m ü. M. gedeihen. 100% mit den Stielen vergoren; Ausbau während 14 Monaten in gebrauchten Doppelbarriques. Nur 851 Flaschen wurden von diesem Wein produziert. 13.5% Alkohol) Superfeine Nase, florale Töne, Preiselbeeren, Kräuter, Rosenwasser, eine kleine Schnüffeldroge ist das, superkomplex, vielschichtig, expressiv und gleichzeitig kultiviert. Im Gaumen schlank, sehr feine Tanninstruktur, Massen an feinkörnigen Tanninen, top Säure, das ist eine Grazie wie Burlotto’s Monvigliero, frisch, kräuterig, hochelegant und definitiv auf Grand Cru Niveau. Im Abgang mit sehr guter Länge und rotfruchtiger Rückaromatik. Ein stilistisches Highlight. 97 vvPunkte
Im Rahmen des Matter of Taste Events im Grand Hotel Dolder in Zürich, probierte ich am Tag nach meiner Verkostung mit dem Gerstl Team zwei weitere, ältere Jahrgänge von Fernando Mora.
2018, El Jardin de Las Iguales, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (13.5% Alkohol) Offene Nase, zeigt Apfel, Kräuter auch dezent oxidative Töne, Hefenoten. Im Gaumen fein und leicht cremig in der Textur, saftige Frucht, sehr gute Säurestruktur, ein knackiger Wein mit Charakter und Präzision, endet ausgesprochen langanhaltend, frisch und salin. Grosses Terroir und gekonnte Vinifikation. 94 vvPunkte
2019, El Jardin de las Iguales Garnacha, Bodegas Frontonio, Spanien, Aragon, Valdejalón (100% Garnacha, 13.5% Alkohol) Expressive, duftige Nase, ein ungemein feiner Duft, ja fast schon ein Parfüm, sehr floral, dazu Erdbeeren, pfeffrige Noten und deutlich mineralische Töne. Im Gaumen seidenweich, sehr gut strukturiert, ungemein feinkörniges Tannin, gefühlt kein Holz, keine Hitzigkeit, alles ist frisch, hochelegant und balanciert. Im Abgang sehr langanhaltend, wiederum rotfruchtig geprägt und mit floralen Aromen im Retrofinale. Hohes Niveau. 95 vvPunkte
Die Weine sind in der Schweiz bei Gerstl und in Deutchland bei Lobenberg erhältlich.
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