Heumann: Sortentypizität aus Ungarn.
Kürzlich besuchte mich Erhard Heumann, ehamaliger Banker, in Windisch und brachte mir die jüngste Weinkollektion seiner Heumann Winery vorbei; zwei Weiss- und sieben Rotweine. Die Geschichte von Heumann begann im Jahr 1995 ganz klein. Damals konnten er und seine Frau, in Villány, einer Weinregion im Süden Ungarns, einen Rebberg mit 40-jährigen Stöcken der Sorte Blauer Portugieser pachten. Aus dem Hobby wurde nach und nach mehr, sowohl quantitativ als auch qualitativ, und heute bewirtschaften Heumann zusammen mit seiner Frau und einem eingespielten Team rund 15 Hektar Rebfläche.
Die Region Villány verfügt über knapp 1’900 Hektar Rebfläche und ist als Rotweingebiet bekannt. Man nennt die Region auch «Bordeaux des Ostens», da sie auf dem gleichem Breitengrad wie das Bordelais liegt. So erstaunt es auch nicht, dass die typischen Bordeaux-Rebsorten Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc hier ausgezeichnete Voraussetzungen finden. Das Klima hist submediterran mit heissen, trockenen Sommermonaten und einer relativ kurzen, milden Winterzeit mit viel Sonnenschein. Die Reben gedeihen auf Löss- und kalkhaltigen Lehmböden, treiben früh aus und bringen die Trauben in aller Regel zu einer perfekten Reife. Neben den internationalen, roten Sorten wird in Villány auch Kékoporto (Blauer Portugieser), Kékfrankos (Blaufränkisch), Zweigelt, Pinot Noir, Syrah und Kardarka angebaut. Lediglich 10% der Fläche wird für den Weissweinanbau genutzt, wobei Hárslevelü (Lindenblättriger); Olaszrizling (Welschriesling), Müller-Thurgau, Chardonnay, Tramini (Traminer), Rajnairizling (Rheinriesling) und Muskotály (Muskateller) die wichtigsten Sorten sind.
Die Weine von Heumann überzeugten mich qualitativ sehr und sie bieten, gerade im Kontext ihres moderaten Peises, viel Trinkgenuss fürs Geld. Was mich im Speziellen begeisterte, war die grosse Sortentypizität, die in allen Weinen zu finden war. Nachfolgend meine Notizen.
2019, Tramini, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Gewürztraminer, bei 17 Grad vergoren und im Stahltank ausgebaut. 13% Alkohol, 5.3g Säure, 1.3g Restzucker). Offenes Bouquet, sehr sortentypisch, Rosenblüten, Rosenwasser, weisser Tee, darunter Apfel- und Pfirsichnoten. Im Gaumen mit sehr dezenter Süsse im Auftakt, die Frucht ist delikat, der Wein wirkt sehr elegant, feingliedrig, zeigt dennoch einen gewissen Schmelz und wirkt mit seiner feinen Säurestruktur äusserst lebendig. Ausgewogen und mit mittlerer Länge endet er auf Granny Smith und Rosen-Aromen. Ein balancierter Gewürztraminer ohne überbordende Süsse, sehr gelungen. 88/100 vvPunkte.
2020, Chardonnay, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Chardonnay, bei 17 Grad vergoren und im Stahltank ausgebaut. 13% Alkohol, 5.9g Säure, 2.3g Restzucker). Blasses Gelb. Feindurftige, eher scheue Nase, braucht etwas Zeit sich zu öffnen, offenbart dann Aromen von Zitrusfrüchten, Äpfeln, Haselnussstauden und Akazienblüten. Im Gaumen gradlinig und saftig, die Frucht ist in guter Harmonie mit der Säurestruktur, der Wein wirkt nicht überladen, sondern zeigt Trinkfluss und Frische. Im Abgang ausgwogen und leichtfüssig. Hier macht jeder Schluck Lust auf mehr. Dieser Chardonnay ist zwar kein Ausbund an Komplexität, entfaltet sich jedoch mit der Zeit erstaunlich gut und zeigt viel Balance. Im Kontext des bescheidenen Preises (CHF 16.–) ist dieser Wein schlicht umwerfend. Empfehlenswert! Jetzt bis 2025+, 89 vvPunkte.
2017, Blue Secret, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (70% Blaufränkisch, 15% Merlot, 15% Cabernet Sauvignon von 14 bis 24 Jahre alten Reben, die auf Löss- und Kalkböden gedeihen. Temperaturkontrolliert bei 25-29 Grad im Stahltank vergoren und teils im Tank, teils in gebrauchten Barriques von 225 und 500 Litern ausgebaut. 14% Alkohol, 5.7g Säure, 1.1g Restzucker). Mittleres Bordeauxrot. In der Nase mit Aromen von reifen, schwarzen Kirschen, Holunderstielen und einem Hauch Leder. Der Gaumen ist fruchtbetont und zugänglich, mittlerer Körper, bereits gut integrierte, mässig ausgeprägte Tannine, eine feine Säure belebt, trägt die reife Frucht in einen kurzen aber stimmigen Abgang. Ein unkomplizierter, aber nicht banaler Grillwein. Ab sofort bis 2025. 88 vvPunkte.
2016, Lagona, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (55% Merlot, 20% Blaufränkisch, 15% Syrah, 10% Cabernet Sauvignon von 8-15jährigen Reben, Löss-/Kalkböden. Temperaturkontrollierte Gärung bei 27-30 Grad, 22 Monate in gebrauchten, ungarischen Barriques ausgebaut. 14% Alkohol, 6.5g Säure, 1.6g Restzucker). Bordeauxrot mit ersten Reifetönen am Rand. Offene Nase, sehr duftig, zeigt einen Mix aus Pflaumen, Sauerkirschen und Blaubeeren, untermalt von feinen Röstaromen und etwas Pfeffer. Im Auftakt zugänglich und straff, mittlerer Körper, gute Struktur, die Gerbstoffe markieren, verleihen Charakter und tragen die rote Frucht in einen angenehm langen Abgang wo er auf Süssholz und Sauerkirschen endet. Das ist ein ausgezeichneter Tischwein der auf dem Punkt seiner Reife ist und die nächsten 2-4 Jahre viel Spass bereiten wird. Ab sofort bis 2025. 89 vvPunkte.
2016, Kékfrankos Resereve, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Blaufränkisch von 18jährigen Reben. Der Wein wird bei 26-27 Grad vergoren und danach 22 Monate lange in gebrauchten ungarischen 500 Literfässern ausgebaut. 14.5% Alkohol, 6.2g Säure, 1.6g Restzucker). Bordeauxrot. In der Nase mit pfeffrig-würziger Note, Schwarzkirschen, etwas Baumnuss, auch Leder und dunkler Tabak. Der Gaumen ist fleischig, gut strukturiert, die reife Frucht wird von weichen, bereits gut integrierten Gerbstoffen gekontert, die Säure ist markant, balanciert den nicht ganz tiefen Alkoholgehalt, erinnert im Charakter an einen Bordeaux, in der Aromatik jedoch deutlich an Blaufränkisch. Langer, nuancierter Abgang. Ein ehrlicher, qualitativ hochwertiger Blaufränkisch der bereits heute viel Trinkspass bietet und doch gut reifen kann. Jetzt bis 2028, 91 vvPunkte.
2015, Syrah, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Syrah von erst 8jährigen Reben. Die Trauben werden entrappt und bei 28 Grad vergoren. Danach Ausbau während 24 Monaten in 500 Literfässern aus ungarischer Eiche. 14% Alkohol, 5.1g Säure, 1.4g Restzucker) Bordeauxrot, erste Reifetöne. Die Nase ist direkt nach dem Öffnen offen und intensiv duftend, der sortentypische, weisse Pfeffer tanzt hier mit Lakritze, Dörrpflaumen und Leder um die Wette, dahinter auch dunkle Kirsche, mit mehr Luft angebranntes Holz und eine feine Kaffeenote. Im Gaumen druckvoll und ziemlich opulent, bleibt dabei jedoch balanciert, schwankt irgendwo zwischen nördlicher und südlicher Rhone hin und her, vom Trinkfluss her könnte man diesen Wein durchaus im Norden ansiedeln, aromatisch erinnert er eher an wärmere Gefilde. Im Abgang von schöner Länge, endet würzig auf einen Mix aus dunklen und roten Beeren. Dieser Syrah will ein gutes Stück Fleisch vom Grill sehen. Auf dem Punkt, bis 2026 geniessen. 90 vvPunkte.
2016, Merlot, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Merlot von 12jährigen Rebstöcken. Bei 28 Grad vergoren, während 24 Monaten in ungarischen Barriques und 500 Literfässern ausgebaut. 14% Alkohol, 5.8g Säure, 1.1g Restzucker). Mittleres Bordeauxrot. Die Nase schreit förmlich „Merlot-Merlot“, 101% sortentypisch, mit Pflaumen, Schwarzkirschen, einer feinen Röstnote, etwas Tomatenstilen, Gewürzen und einer steinigen Kühlheit. Im Auftakt fruchtbetont, zugänglich, packt dann zu, zeigt merklich Struktur, die etwas flockigen Tannine umgarnen die reife Frucht, schwarze Johannisbeeren und Kakau duellieren sich, die Säure ist top eingebunden, hält das Fruchtbündel frisch. Endet langanhaltend und auch hier äusserst sortentypisch. Das ist ein offenherziger, feingliedriger, und authentischer Wein, charaktervoll, charmant, balanciert. Jetzt bis 2030. 91 vvPunkte.
2016, Trinitás, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (100% Cabernet Franc, 9 bis 16jährige Reben. Das Traubengut wird bei 28 Grad vergoren und danach während 24 Monaten in ungarischen Barriques ausgebaut. 15% Alkohol, 5.9g Säure, 1.5g Restzucker). Dichtes Rubin. Die Nase ist deutlich vom Barrique geprägt, zeigt Tiefgang, rauchige Noten, angebranntes Holz, feine Würze, dunkle Frucht. Im Gaumen sehr gut strukturiert, ungemein saftig, gradlinig und klar wie ein Bergbach, auch hier ist Sortentypizität angesagt, der Wein zeigt viel Körper, hat eine sehr gute Säurestruktur, die Tannine sind reif und von ausgezeichneter Qualität, machen sich erst ganz hinten im Gaumen bemerkbar. Im Abgang würzig, mit rot- und dunkelfruchtigen Aromen im Retrofinale. Ein sehr hochwertiger Cabernet Franc der seine warme Heimat nicht verleugnet, von allen Elementen viel hat, jedoch sehr balanciert im Glas steht. Wird mit etwas Reife noch zulegen. 2023-2035, 93+ vvPunkte.
2015, Terra Tartaro, Heumann Winery, Villány-Siklós, Ungarn (45% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot, 25% Cabernet Franc von 30jährigen Rebstöcken. Der Wein wird bei 28-30 Grad vergoren und während 24 Monaten in 225 und 500 Literfässern aus ungarischer Eiche ausgebaut. 14% Alkohol, 5.7g Säure, 1.2g Restzucker). Mittleres Bordeauxrot. Komplexe Nase die irgendwo zwischen neuer und alter Welt hin und herschwankt, einerseits rotfruchtig, feinwürzig, steinig, kühl, dann auch Dörrpflaume, Minze und Eukalyptus, darüber Zedernholz. Im Gaumen elegant und dennoch druckvoll, zeigt Energie, Charakter, viel Finesse, die markante Struktur aus fein gewobenen Gerbstoffen und einer gut verpackten Säure hält die Frucht in Schach, diese ist auf den Punkt gereift und hallt im Abgang lange nach. Wer einen Bordeaux-Blend-Kandidaten für eine Blindprobe braucht, ist mit diesem Wein perfekt aufgestellt. Dürfte bei New World und Old World-Verkostungen für Verwirrung sorgen. Jetzt bis 2035. 92 vvPunkte.
Die Weine sind bei den Händlern Hundert Weinhaus respektive Cave Gevin erhältlich oder aber direkt bei Erhard Heumann per eMail bestellbar. Mehr Informationen zum Weingut findet man auf der Homepage Heumann Winery.
Dein Kommentar
Want to join the discussion?Feel free to contribute!