Die Chassagne-Montrachet der Domaine Coffinet-Duvernay
Wer Chassagne-Montrachet hört, denkt sofort an die renommierte Grand Cru-Lage «Le Montrachet»: einer der bekanntesten Weinberge der Welt, der zur einen Hälfte auf dem Gemeindegebiet von Puligny-Montrachet, zur anderen Hälfte in der Gemeinde Chassagne-Montrachet liegt. Letztere ist seit 1970 offiziell als AOC (Appellation d’origine contrôlée) eingetragen und umfasst knapp 340 Hektar, wovon rund 160 Hektar als 1er Cru und 7.5 Hektar als Grand Cru eingestuft sind. Eine weitere, nicht minder bekannte wenn auch nicht ganz so teure Grand-Cru-Lage, heisst «Bâtard-Montrachet». Auch sie erstreckt sich über die Gemeinde-Grenze hinweg und bringt Weine hervor, die qualitativ und stilistisch sehr nahe am grossen Bruder «Le Montrachet» sind.
Die Sorte Chardonnay dominiert in Chassagne-Montrachet mit zirka 60% der produzierten Weinmenge, doch auch die Rotweine auf Basis von Pinot Noir sind in der für ihre Weissweine bekannte Appellation mit 40% nicht schlecht vertreten.
Im Rahmen meiner letzten Burgund-Reise durfte ich ein kleines aber nicht minder interessantes Weingut besuchen, das diverse Chassagne-Weine produziert, die qualitativ sehr gelungen, preislich aber noch in einem vernünftigen Rahmen geblieben sind. Die Domaine Coffinet-Duvernay verfügt über diverse Village- und 1er-Cru-Lagen sowie Reben in der oben genannten Grand Cru-Lage «Bâtard-Montrachet».
Einige Fassmuster der 2018er
Gleich am Anfang unseres Besuches führte uns Bastien, der Sohn des Winzerpaares und aktiver Mitgestalter bei Coffinet-Duvernay, in den Keller. Wir verkosteten einige Fassmuster des Jahrgangs 2018. Der Chassagne-Montrachet Village war noch deutlich vom Ausbau geprägt (Muster aus einem neuen Holzfass), zeigte aber schon sehr gute Anlagen (17.5 vvPunkte, 88/100). Der Chassagne-Montrachet 1er Cru La Maltroie war ungemein frisch, saftig und lebhaft mit ausgesprochen salzigem Abgang (18+ vvPunkte, 90-92/100). Der Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Fairendes bestach mit feinduftiger Nase und sehr viel Druck und Schmelz am Gaumen, dabei blieb er finessenreich, schlank, knackig und ausgesprochen elegant, ein äusserst präziser Chassagne mit sehr guter Struktur (18.5+ vvPunkte, 92+/100)
Der Chassagne-Montrachet 1er Cru Blanchot Dessus stammt aus Lagen in der Nähe von Puligny-Montrachet. Seine Nase war deutlich würziger und auch blumiger mit Noten von Zitrusfrüchten. Am Gaumen straff und mit einer dezenten Mineralik eine weitere, spannende Interpretation des Terroirs (18 vvPunkte, 91/100). Etwas aus der Reihe tanzte der 1er Cru Dent de Chien mit einer fast schon Loire-artigen Nase die an Feuerstein erinnerte. Die Trauben von dieser Südlage führen zu einem Wein, der reife, runde Frucht (Apfel, Zitrusaromen) mit grossartiger Mineralik und einem herrlichen Säurenerv kombiniert. Im Abgang saftig und frisch, ein Sleeper mit Luft nach Oben (18 vvPunkte, 91+/100).
Der Grand Cru Bâtard-Montrachet schliesslich, präsentiert aus einem neuen Barrique, zeigte sich leicht reduktiv und ungemein steinig Mit etwas Luft offenbarte er ein enormes, aromatisches Spektrum, das aktuell natürlich noch stark vom Holz geprägt ist. Im Gaumen erwartungsgemäss kraftvoll und voluminös, sehr strukturiert und energetisch, jedoch mit einem leichten Durchhänger in der Mitte, dafür hintenraus wieder langanhaltend, mineralisch und sehr elegant. In Anbetracht dessen, dass auch dieser Wein in der finalen Assemblage nur rund 25% Neuholz gesehen haben wird, schlummert hier ganz bestimmt ein wunderschöner Chassagne in den Fässern (18.5+ vvPunkte, 93+/100)
Die Weine des Jahrgangs 2017
Nach den Fassmustern freuten wir uns darauf, einen Teil der bereits abgefüllten 2017er-Kollektion probieren zu dürfen. Der 2017er Bourgonge Aligoté ist ein feinduftiger Wein, zugänglich, rund und eher simpel, dabei aber nicht langweilung sondern mit Frische, Charme und Trinkfluss ausgestattet (17 vvPunkte, 86/100). Der Chassagne-Montrachet Village war mir etwas zu holzbetont ergänzt durch Noten von frischen Gräsern und Blüten. Im Gaumen dafür sehr frisch und lebendig (17.5 vvPunkte, 88/100).
Der Chassagne-Montrachet Blanchot Dessous wiederum ist etwas komplexer, vielschichtiger mit einem Mix aus Kalkstein, weissen Blüten, Zitrusfrüchten und Apfel. Auch am Gaumen etwas finessenreicher und noch lebhafter, dazu mit mehr Präzision und Länge ausgestattet (18 vvPunkte, 90/100). Noch einen Tick mehr Spass bietet der Chassagne-Montrachet 1er Cru Clos St-Jean: ein ungemein femininer, feiner Wein der tänzerisch leicht über die Zunge gleitet und sehr ausgewogen ist. Er besticht weniger durch Kraft und Dichte, sondern vielmehr mit Eleganz und Feingliedrigkeit (18 vvPunkte, 91/100). In der selben Liga spielt der Chassagne-Montrachet 1er Cru Champgain mit reinem Duft und einem Hauch Vanille (die angeblich nicht vom Barrique sondern von der Lage kommt). Im Gaumen zeigt er mehr Schmelz als der Clos St-Jean, bleibt aber dennoch frisch und zieht mit schönem Spannungsbogen in ein feines, salziges Finish (18 vvPunkte, 91/100).
Der Chassagne-Montrachet 1er Cru Blanchot Dessus, ein Wein aus einer Lage die quasi die Verlängerung des Montrachet-Rebberges ist, präsentiert sich in der Nase ausserordentlich komplex und verspielt. Der Gaumen ist reichhaltiger, voluminöser und zeigt rundere Formen als die beiden Vorgänger. Trotz seiner Dichte bleibt er federleicht und ausgewogen, Bravo! (18.5 vvPunkte, 92/100). Gleich gut, fruchtbetonter und auch mit leicht nussigen Aromen und Noten von Gräsern steht der Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Fairendes im Glas. Im Gaumen kompakt, rund, mit Schmelz und sehr guter Struktur sowie einer top Säure ausgestattet hallt der Wein sehr lange nach. Toll! (18.5 vvPunkte, 92/100).
Der Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Caillerets legt dann noch einen Punkt drauf (18.5 vvPunkte, 93/100). Er ist tief, komplex mit sensationll dichtem Gaumen, einer sehr guten aromatischen Komplexität und viel Struktur. Auch im Jahrgang 2017 aus der Reihe tanzt der
Chassagne-Montrachet 1er Cru Dents de Chien. Seine Feuersteinnase lässt mich einmal mehr ins Loire-Tal abschweifen. Ungemein kühl, straff und gradlinig im Auftakt breitet sich der Wein mehr und mehr aus und zeigt eine fast schon exotisch anmutende Frucht sowie viel Salzigkeit im Abgang. Ein Wein, der Zeit braucht (18+ vvPunkte, 91+/100).
Einige Weine mit Jahrgang 2016, 2015 und 2013.
Im Anschluss durften wir noch ein paar ältere Jahrgänge verkosten. Der 2016er Chassagne-Montrachet Blanchot Dessous zeigt aufgrund des Frostjahres eine sehr eigene Aromatik die an Litchee, weissen Pfirisch und Rosenblätter erinnert. Im Gaumen fruchtbetont, saftig aber auch mit einer Note, die mich an eine gewisse Überreife (oder nicht homogene Reife?) erinnert. Gute Länge. 17 vvPunkte (87/100). Besser dann der 2016er Chassagne-Montrachet 1er Cru Morgeot Les Grands Clos. In der Nase auch nicht sehr Chassagne-typisch mit vielen Eisbonbons, Pfirsich- und Mango-Aromen ist er am Gaumen sehr saftig, zeigt eine feine Textur und viel Struktur. Der Säurenerv ist hier bestechend, zieht den Wein in einen langen Abgang (18 vvPunkte, 90/100).
Ein richtiger Wein für die Gastronomie ist der 2015er Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Caillerets. Hedonistisch, intensiv duftend in der Nase, am Gaumen üppig, voluminös, sehr vollmundig aber auch wunderbar zugänglich mit einer reifen Frucht die von einer top Säure getragen wird, die den Wein ungemein frisch hält. Everybodys Darling (18.5 vvPunkte, 92/100). Zum Schluss ein wieder etwas schwächerer Wein, der 2013er Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Maltroie. Mit seiner exotisch anmutenden Nase mit Aromen von Mango und Litchee steht er aromatisch etwas neben den Schuhen. Am Gaumen reichhaltig und mit viel reifer Frucht ausgestattet, getragen von einer markanten Säure, wirkt dieser Wein nicht ganz so harmonisch (17.5 vvPunkte, 88/100).
Frische, unkomplizierte Rotweine im Beaujolais-Stil.
Zum Abschluss probierten wir noch die Rotweine. Während Bastien bei den Weissweinen in die Fusstapfen seines Vaters tritt und keine stilistischen Korrekturen vorsieht, setzt er bei den Roten auf einen modernen, frischen Stil. Der Chassagne-Montrachet Village Rouge 2016 besticht in der Nase mit schöner Frucht sowie leicht krautigen Noten die von 100% Ganztraubenvergärung resultieren. Im Gaumen frisch, fruchtig, saftig und fast schon an einen Beaujolais erinnernd ist es ein wahrer «Vin de soif» – Trinkfluss garantiert (17 vvPunkte 87/100). Noch einen Tick besser dann der 2017er Chassagne-Montrachet Village Rouge. In der Nase etwas rauchiger, mit mehr Holz aber auch einer wunderbaren Frucht ausgestattet fliest er im Gaumen leichtfüssig und elegant über die Zunge und bleibt im Abgang mit verführerischer Frucht angenehm lange haften. Natürlich, auch das ist kein «grosser Wein» aber im Kontext seines moderaten Preises durchaus empfehlenswert (17.5 vvPunkte, 88/100).
Die Weine sind in der Schweiz bei Smith&Smith erhältlich.
Dein Kommentar
Want to join the discussion?Feel free to contribute!