Noblesse oblige: 16x Chateau Margaux
Über Chateau Margaux muss man nicht viele Worte verlieren. Das Weingut gehört zu den Renommiertesten der Welt und ist für seine finessenreichen, duftigen Weine bekannt, welche oft schon in ihrer Jugend Trinkspass bieten und dennoch ausgezeichnet reifen. Leider sind die Tropfen in den letzten 10-15 Jahren fast unerschwinglich geworden, denn eine ganze Weinwelt will sich jeweils einige Flaschen oder Kisten dieses edlen Tropfens gönnen. Und gerade in grossen Jahren, so zuletzt beim 2015er, welcher mit einer speziellen, schwarzen Etikette auf den Markt gekommen ist, steigen die Preise dann in schwindelerregende Höhen, so dass Liebhaber gut und gerne 1000 bis 1500 Franken für den Grand Vin von Chateau Margaux aufwerfen müssen; pro Flasche versteht sich.
Am 4. Juni 2018 lud Vinifera-Mundi zu einer exklusiven Chateau-Margaux-Verkostung. Nicht weniger als 16 Jahrgänge des Grand Vin sowie eine Flasche Pavillon Blanc, der grossmehrheitlich aus Sauvignon Blanc gekelterter Weisswein von Chateau Margaux, standen am Start. Die 16 von den Teilnehmern mitgebrachten Jahrgänge waren allen Verkostern bekannt, serviert wurden die Flaschen aber verdeckt in 4er-Serien.
Den Auftakt machte der Pavillon Blanc 1995, welcher sich erstaunlich frisch und lebendig präsentierte. Ein perfekter Beweis dafür, dass Sauvignon Blanc auf entsprechenden Böden, mit tiefen Erträgen und einem gekonnten Barrique-Ausbau, ausgezeichnet reifen kann.
1995, Pavillon Blanc de Chateau Margaux, AOC Bordeaux, Frankreich: Kräftiges Gelb, noch jugendlicher Glanz. Intensive Nase, anfangs dezent käsige Noten, mit mehr Luft viele Kräuter, Gräser, exotische Früchte, nussige Aromen und deutlich Petrol, auch noch etwas Röstaromen die vom Barrique-Ausbau zeugen. Kraftvoller Auftakt, zeigt viel Schmelz und Volumen, getragen von einer sehr guten Struktur, das ist dicht und konzentriert, zeigt eine gewisse Üppigkeit und viel reife Frucht, doch die Säure hält den Wein frisch. Aromatisch wieder mit exotischen Früchten, dazu Aprikosen sowie reifer Apfel. Im Abgang von ausgezeichneter Länge, endet dezent nussig. Hervorragender Weisswein mit nach wie vor Reserven. Jetzt bis 2028, 19 vvPunkte (95/100).
1. Serie: ein sehr solides Niveau zum Auftakt.
1981, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, am Rand ziegelrot. Offene Nase, dezent verbranntes Holz, Zedern, auch Rosen, sehr gute Komplexität. Weicher Auftakt, reif und mit solidem Körper, das Tannin wirkt etwas staubig, die Frucht hält aber sehr schön dagegen, am mittleren Gaumen etwas austrocknend, die Säure hält frisch. Mittellanger Abgang, endet eine Spur brandig. Jetzt geniessen. 17.5 vvPunkte (88/100)
1989, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, aufgehellter Rand. In der Nase tief und sehr ausladend, was für ein Duft, animalische Noten, Leder, Tabak wechseln sich mit Lakrizze und Trockenkräuter ab, darüber florale Aromen, das ist ein sagenhaftes Duftbild, man möchte Eintauchen. Im Auftakt weich und rund, das Tannin ist fein und weitgehend abgeschmolzen, eine gut eingebundene Säure verleiht Struktur, ungemein fein und geschmeidig mit sehr schöner Frucht und einer ausgezeichneten Ausgewogenheit. Im Abgang von herrlicher Länge, zeigt sehr viel Finesse. Jetzt bis 2030, 19 vvPunkte (95/100)
1979, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, aufgehellter Rand. In der Nase mit schwarzer Johannisbeere und Kirsche, dahinter Süssholz, sehr schöne Komplexität. Im Auftakt straff, eher schlanker Körper, markante Säure, dazu etwas staubiges Tannin, am mittleren Gaumen drängt die Frucht durch, aromatisch liegt der Wein zwischen roten und dunklen Beeren, dazu zeigt er einiges an Würze. Im Abgang von sehr schöner Länge, in sich äusserst stimmig ohne Anspruch auf Grösse. Jetzt geniessen. 18 vvPunkte (90/100)
1994, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, wässeriger Rand. In der Nase weit entwickelt, malzige Noten, Leder, Zigarrenbox, Süssholz, Kräuter, getrocknete Blumen, Heu, Feige und etwas angebranntes Holz, hervorragende Komplexität, ein Schnüffelwein. Der Auftakt ist weich, der Wein wirkt sehr reif, auf dem Peak, die Frucht ist warm anmutend, wird getragen von einer markanten Struktur, die Säure ist gut eingebunden, die Gerbstoffe zeigen sich deutlich, aromatisch mit reifen Kirschen, Johannisbeeren und etwas Weihnachtsgebäck, etwas kantig aber ausgesprochen schön zu trinken und mit wunderbarer Länge im Abgang. Jetzt bis 2025, 18.5 vvPunkte (93/100)
2. Serie: Zwei Überraschungen und zwei Bestätigungen.
1993, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, leicht aufgehellter Rand. Offenes Bouquet, ungemein feinduftig und verspielt, Kräuter, getrocknete Blumen, Heu, Kirschen, sehr schöne Komplexität. Im Auftakt weich und mit Schmelz, guter Körper, strukturiert und auf den Punkt gereift, zeigt nach wie vor etwas Gerbstoff und eine sehr schön integrierte Säure, würzig, mit vielen Kräutern und einer saftigen Frucht, Sauerkirschen, Johannisbeeren, Tabak, Tee und Pflaumen, das ist konzentriert aber nicht schwer, zeigt eine gewisse Power und dennoch viel Finesse, sehr schön und noch mit Reserven. Einmal mehr ein 93er, der für positive Überraschungen sorgen kann. Jetzt bis 2025+, 18.5 vvPunkte (93/100).
1998, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, im Kern noch dunkel. Warme Nase, wirkt reif und rauchig, Torf, Teer, Trockenkräuter, Weihnachtsgebäck, ausladend und mit Luft intensiver werdend, ausgesprochen komplex. Im Auftakt weich, dann rasch straffer werdend, zeigt Zähne und markantes Tannin, sehr saftige Säure, dichte Frucht, konzentriert, noch etwas ungestüm und mit leicht rustikalem Charakter, die Herbe und die Frucht geben sich ein Duell, das wirkt fast noch jugendlich, obwohl der Wein eine erste, schöne Reife erreicht hat. Wunderbar lang im Abgang. Ein nur vermeintlich kleiner Margaux. Jetzt bis 2030, 19 vvPunkte (94/100)
1985, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeaux, aufgehellter Rand. Die Nase ist offen und sehr duftig, viele florale Aromen tanzen mit Rauch und schwarzen Kirschen, dahinter meldet sich die Zigarrenbox von Zeit zu Zeit, eine kleine Droge und definitiv sehr verspielt. Im Auftakt straff und rotfruchtig, wirkt trotz deutlicher Reifes sehr frisch und lebendig, tanz auch am Gaumen wie in der Nase, zeigt Charakter und Charme, aromatisch zwischen roten und dunklen Beeren, ungemein würzig und mit einer ausgezeichneten Länge im Abgang, endet auf eine feine Note von weissem Pfeffer. Jetzt bis 2025+, 19 vvPunkte (96/100)
1986, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, dezent aufgehellter Rand. In der Nase ungemein tief und duftig, floral, Veilchen, Rosen, Süssholz, eine Droge. Im Auftakt weich, fast etwas mollig wirkend, dann zieht der Wein zu, zeigt eine markante Struktur, ausgezeichnete Tannine, fein gewoben, die Säure ist perfekt dosiert, würzig, mit konzentrierter Frucht, roten und dunklen Beeren, enorm viel Würze und trotz der hohen Konzentration ohne jegliche Schwere, das Schwebt am Gaumen, zieht aromatisch durch, breitet sich noch mehr aus. Im Abgang von ausgezeichneter Länge, will kaum enden. Das ist Margaux auf höchstem Niveau, nahe an der Perfektion. Jetzt bis 2030, 19.5 vvPunkte (97/100)
3. Serie: Drei Highlights und eine fehlerhafte Flasche.
1983, Chateau Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot. Unsaubere Flasche, staubig, Korkstreifschuss (?), keine Bewertung.
1995, Chateau Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, aufgehellter Rand. Feinduftige Nase, floral und verspielt, sehr schöne Tiefe, Rauch, Veilchen. Im Auftakt schlank, zurückhaltend, breitet sich dann aus, feine Gerbstoffe, sehr gut integrierte Säure, komplex, mit Spannung und einer gewissen Hitzigkeit, der Wein zeigt Energie ohne zu überborden, wirkt in sich aber sehr balanciert und überzeugt mit einem sehr langen Abgang, hat Reserven. Jetzt bis 2030+, 18.5 vvPunkte (93/100)
1982, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, noch Glanz. Die Nase zeigt eine sehr schöne Komplexität, Trockenblumen, etwas Tee, dunkle Kirschen, Rauch und ein Hauch Lakritze, ausgezeichnete Komplexität. Straffer Auftakt, markantes Tannin, zeigt Körper und eine schöne Dichte, dabei auch viel Frische und Saftigkeit, endet langanhaltend und sehr würzig. Vielleicht nicht der finessenreichste aber ein sehr konzentrierter Margaux mit einer hervorragenden Länge. Jetzt bis 2030, 19 vvPunkte (95/100)
1999, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Kräftiges Bordeauxrot, noch jugendlicher Glanz. Intensive Nase, tief und dunkelfruchtig, Rauch, etwas Leder, Süssholz, darüber Veilchen und viel Würze, ausgezeichnete Komplexität. Im Auftakt kraftvoll und mit Druck, noch deutlich Gerbstoff und eine sehr gute Struktur, konzentriert, dunkelfruchtig und mit einer moderaten Säure ausgestattet, breitet sich mehr und mehr aus, zeigt seine Zähne, wirkt noch sehr jugendlich. Im Abgang von wunderbarer Länge, endet auf reife Pflaumen eine fast pfeffrige Würze. Da kommt noch mehr… Jetzt bis 2035. 19+ vvPunkte (94+/100)
4. Serie: Ein Feuerwerk als Schluss-Bouquet!
1990, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Kräftiges Bordeauxrot, jugendlicher Glanz. Intensive Nase, sehr duftig, noch mit Röstaromen, Schwarztee, auch Trockenblumen und frisch geschnittenes Holz, eine wunderbare Nasendroge. Im Auftakt weich und zugänglich, schmeichelnd und mit genau der richtigen Reife, die Gerbstoffe sind weitgehend abgeschmolzen, die Säure stützt das Fruchtkonzentrat, würzig, verspielt, energiegeladen und dezent warm anmutend, ein hedonistisches Trinkvergnügen auf sehr hohem Niveau. 19.5 vvPunkte. Jetzt bis 2030. 19.5 vvPunkte (97/100)
1996, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Reifes Bordeauxrot, kräftige Farbe. In der Nase dunkelfruchtig, rauchig, Speck, ungemein tief und ausladend, wird mit Luft floraler, da jubeln die Sinne, man möchte eintauchen, so viel Finesse schon in der Nase, ein Hit. Im Auftakt saftig und frisch, konzentriert, dabei aber federleicht, hier ist alles an seinem Platz, ein Kraftbündel auf dem Hochseil, eine grossartige Ausgewogenheit und Komplexität, geht Bordeaux besser? Jetzt bis 2040, 20 vvPunkte (100/100)
2003, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Dichtes Bordeauxrot, jugendlicher Glanz. Warm anmutende Nase, wirkt modern, fast schon kalifornisch, rauchig, würzig und mit Anflügen von Minze, sehr komplex. Im Auftakt konzentriert und noch jugendlich, saftige, warme Frucht, sehr feines Tannin, die Säure ist perfekt eingebunden, der Wein wirkt noch sehr jung und ungestüm, zeigt noch nicht sein ganzes Potential, hat definitiv sehr gute Reserven. 2024-2045+, 19.5+ vvPunkte (98+/100)
2000, Chateau Margaux, AOC Margaux, Bordeaux, Frankreich: Kräftiges Bordeauxrot, jugendlicher Glanz. Was für eine Nase, wundervoll tief, florale Noten, Rauch, ein Hauch Lakritze, Trockenblumen, Gewürze, eine Droge, ein Schnüffelwein. Im Auftakt ungemein straff und gradlinig, präzis, strukturiert, das ist ein Kraftpaket auf dem Hochseil, kompakt, definiert und mit ungemein viel Frische ausgestattet. Die Tannine sind von höchster Güte, perfekt integrierte Säure. Aromatisch mit Schwarzer Johannisbeere und Kirschen, dazu eine ausgezeichnete Würze. Im Abgang nicht enden wollend. Grosser Wein. Jetzt bis 2045+. 20 vvPunkte (99+/100)
Zum Ausklang, eine schöne Altweinerfahrung.
Einer der Teilnehmer sicherte sich kurzfristig noch einen Platz in der Verkostung, weil er ein Angebot machte, welches der Organisator nicht ausschlagen konnte: er brachte einen 1947er Chateau Margaux mit, ein sehr reifer und entsprechend rarer Wein also, von einem Top Chateau aus einem ausgezeichneten Jahr. Leider ist die Flasche erst kurz vor der Verkostung angeliefert worden, so dass der Wein etwas gar zerrüttelt ins Glas kam und entsprechend Depot aufwies, was bei frühzeitiger Anlieferung hätte verhindert werden können. Dennoch war dieser Wein in einem dem Alter entsprechend sehr guten Zustand.
1947, Chateau Margaux, AOC Haut-Médoc, Bordeaux, Frankreich: Trübe Farbe (frisch eingeliefert), ziegelroter Rand. Anfangs etwas muffig, öffnet sich dann aber, duftig, parfümiert, Moschus, Blumen, dahinter Waldboden, Pilze, mit mehr Luft auch Liebstöckelnoten zeigend, in Anbetracht des Jahrgangs erstaunlich frisch. Im Auftakt dicht und konzentriert, noch immer mit Frucht, diese wirkt warm, der Wein zeigt Körper, die Gerbstoffe sind abgeschmolzen, eine sehr gut integrierte Säure stützt. Im Abgang langanhaltend. Ein schönes Altweinerlebnis. Trinken. 18.5 vvPunkte, (92/100)
Es bleibt mir an dieser Stelle Jean-François Guyard von Vinifera-Mundi danke zu sagen für die Initiative und Organisation dieser spannenden Verkostung. Es war eine eindrückliche Reise durch mehrere Jahrzehnte dieses ausgezeichneten Weins.
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