Besser als Petrus? Gravière de Taurou 2000 im Glas.

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Eigentlich  wollte ich einen Italiener aus dem Keller holen, denn es gab aus den Resten unseres kürzlich genossenen Bœuf Bourguignon, welche wir mit etwas Tomaten-Passata zu einer Sauce verlängert haben, eine herrliche „Pasta al Ragu“. Doch der Zufall wollte es, dass ich über eine Flasche 2000er Gravière de Taurou von der Domaine de Ravanès aus dem Languedoc stolperte, welcher ich nicht widerstehen konnte.

Trotz 17 Jahren auf dem Buckel noch mit mächtig Reserven: Gravière de Taurou 2000 (c) vvWine.ch

Der 1999er Gravière de Taurou schlug im Jahre 2004 bei einer Blindverkostung in London den Kultwein Petrus. Ich kaufte seinerzeit ein paar Flaschen des Nachfolge-Jahrgangs aus Interesse, Neugier und als möglicher Pirat für die eine oder andere Bordeaux-Probe. Die ersten paar Mal, als ich den Wein (viel zu jung) probierte, gefiel er mir nicht. Er hatte viel, zu viel von allem. Frucht, Alkohol, Tannin, ein Weinmonster mit einem enormen Potential aber wenig jugendlichem Charme.

Doch nun, gut zehn Jahre später, beweist der Wein, dass er ein echter „Vin de Garde“ ist. Wir dekantierten ihn rund eine Stunde in einer Karaffe und genossen ihn dann aus verschiedensten Gläsern. Anfangs präsentierte er sich im Zalto Burgunder-Glas optimal doch wurde er dort immer verschlossener, metallischer und unangenehmer zu riechen, so dass wir es mit dem Gabriel Glas (besser als das Zalto aber ebenfalls nicht top) und schliesslich mit dem Sommelier Glas „Rhone/Syrah“ von Riedel probierten, wo er sich dann über zwei Stunden perfekt präsentierte.

Das Riedel Rhone/Syrah Glas entpuppte sich als das ideale Glas für diesen Wein (c) vvWine.ch

2000er Gravière de Taurou,Domaine de Ravanès, Vin de Pays des Coteaux de Murviel, Languedoc (Mehrheitlich Merlot, etwas Petit Verdot). Dunkles Bordeauxrot, erste Reifetöne. In der Nase intensiv duftend nach Leder, Weihnachtsgewürzen, eingekochten Pflaumen, dunklem Tabak, Rauch, Torf, Teer, ätherischen Ölen, dahinter auch ein an Rost erinnernder Duft, mit mehr Luft viel Lebkuchen, Honig, Bienenwachs, Zedernholz, eingelegte schwarze Kirschen und dunkle Rosinen, ein äusserst forderndes aber hochkomplexes Nasenbild.

Der Gaumen beginnt kraftvoll, da ist viel dichte dunkle Frucht mit im Spiel, sehr opulent und dennoch elegant, der Alkohol ist spürbar, doch wirkt der Wein nicht brandig, markantes, etwas flockiges Tannin verleiht nach wie vor viel Struktur, mittlere Säure. Im Abgang sehr lang und wunderbar würzig. Kein Ausbund an Ausgewogenheit. Aber ein sperriger Wein? Nein. Ein charmanter Wein? Nein. Ein grosser Wein? Nein. Ein Charakterkopf? Ja, und was für einer. Der will verstanden werden, bietet aber Diskussionsstoff für einen ganzem Abend und: er baut aus, nicht ab… Jetzt bis 2030 geniessen und bitte: viel Zeit geben! 18.5 vvPunkte (93/100).

Nein, es ist definitiv kein Petrus. Aber ein Wein, der einen geübten und Tannin-erprobten Verkoster über drei Stunden lang in Atem hält, hat definitiv etwas zu bieten. Neuere Jahrgänge sind bei Cavino erhältlich.

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