Domaine de la Romanée-Conti 2019
Auch dieses Jahr durfte ich im Rahmen einer von der Weinhandlung Martel organisierten Degustation den aktuellen Jahrgang der Domaine de la Romanée-Conti verkosten. Für einen ausgesuchten Kreis von rund 120 Personen polierten drei Personen von Martel während 23 Mannstunden nicht weniger als 1’350 Zalto-Gläser von Hand, wobei lediglich 8 Gläser zu Bruch gingen, eine stolze Leistung…
Martel öffnete für diese Verkostung ganze 70 Flaschen der Domaine de la Romanée-Conti. Das ergibt sieben Flaschen pro Lage und rund einen halben Deziliter Wein pro Lage und Person, was mehr als genug ist, um die Weine während der anderthalbstündigen Probe in Ruhe mehrmals verkosten zu können. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön an Jan Martel und sein Team, für die wirklich perfekte Organisation dieser Veranstaltung.
Das Jahr 2019 war im Burgund einmal mehr ein Ausnahmejahr das mit einem trockenen, warmen Frühling begann und sich mit einer rund 15tägigen, sehr homogenen Blütezeit im Juni fortsetzte. Der Sommer war ebenfalls ausgesprochen heiss, jedoch mit angenehm kühlen Nächten, so dass die Trauben nicht unter Hitzestress litten und über die Sommermonate eine grosse, aromatische Vielfalt entwickeln konnten. Geerntet wurde zwischen dem 14. und 25. September, rund zwei Wochen später als im «Rekordjahr 2018», wo man auf Romanée-Conti bereits am 31. August mit der Ernte begann.
Dennoch, auch 2019 ist ein frühes, warmes Jahr, wo man denken könnte, dass überreife, breite, säurearme Weine gekeltert wurden. Doch das Vorurteil täuscht, denn die biodynamisch kultivierten Reben scheinen sich nach und nach auf das veränderte Klima eingestellt zu haben, gehen mittlerweile souverän mit den wärmeren Wetterbedingungen um, haben sich an die neuen Verhältnisse angepasst. Ausfälle gab es abgesehen von etwas Sonnenbrand zwar nicht, dennoch sind die Erträge mit 15 bis 27 Hektoliter pro Hektar auch 2019 eher tief (an dieser Stelle eine kleine Warnung an alle DRC Fans – 2021 wurden lediglich 4.5 Hektoliter pro Hektar geerntet…).
An dieser Stelle möchte ich auch kurz auf zwei spezielle Raritäten dieser Verkostung hinweisen: Zum ersten Mal seit 2013 wurde auf DRC wieder ein Vosne Romanée 1er Cru produziert und als ganz spezielles Highlight durfte ich den von der DRC erstmals produzierten Weisswein aus der Grand Cru Lage Corton-Charlemagne verkosten. Meine Notizen, wie immer Momentaufnahmen, geben meiner Leserschaft hoffentlich einen kleinen Eindruck, was diese raren Elixiere der Natur im Glas offenbaren können…
2019, Vosne Romanée 1er Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Anfangs in der Nase eher rotfruchtig von Sauerkirschen geprägt zeigt der Wein mehr und mehr auch Noten von dunklem Beeren wie Brombeeren und Cassis, dazu kommen florale Aromen, Baumnuss und etwas Caramel. Der Gaumen besticht mit einer top Frucht und ordentlich Druck, bereits gut integriertes Tannin, das Holz noch präsent, nicht überbordend, im Abgang langanhaltend, dunkelfruchtig und mit etwas Cola, Cassis und Blutorangen im Retrofinale. 91-92 vvPunkte (Verkostet am 2. November in St-Gallen)
2019, Corton Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Holzbetonter als der Vosne Romané daneben, mehr Kräuter, rote Beeren, zitrische Noten, rosa Grapefruit. Im Gaumen weich und zugänglich, viel Schmelz, ein reifer warmer Fruchtkern wird von feinen Gerbstoffen und einer guten Säure getragen, sehr balanciert und mit einem langen Abgang zeigt dieser Wein ein rotfruchtiges-zitrisches Finale mit Noten von Blutorangen und Rosa Grapefruit. 92-93 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Échézeaux Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Sehr feinduftige, feminin anmutenden Nase, ein schönes Parfüm, floral, subtil, etwas Rauch, kühler Kammin, Cassis, Heu, Blutorangen, Johannisbeeren. Im Gaumen gradlinig und straff, kein Gramm Fett, drahtig und präzis, energetisch und mit kernigem Tannin, das den Fruchtkern umgarnt, dieser schwankt aromatisch zwischen Hell- und Dunkelfruchtig hin und her. Im Abgang sehr lang, mit roten Johannisbeeren, etwas Stroh und Süssholzaromen. 94-95 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Grands Échézeaux Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Deutlich dunkelfruchtiger als Échézeaux im Glas daneben, mit Waldbeeren, Lakritze, Rauch, Schwarztee, Tabak und Caramel (in CH-Deutsch «Nidelzältli»). Der Gaumen ist druckvoll, ziemlich üppig, feinstes Tanin, sehr gute Säurestruktur, wirkt maskuliner, dichter als der Échézeaux, endet sehr langanhaltend, warm, reiffruchtig und mit blondem Tabak und trockenem Herbstlaub im Rückaroma. 95-96 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Romanée-St-Vivant Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Die Nase ist klar und rein wie ein Bergbach, dunkle und rote Beeren, Lakritze, kühler Stein, Tee, Veilchen, süsser Tabak, ungemein tiefgründig. Im Gaumen straff und doch mit einer feinen Cremigkeit, der Wein baut viel Druck auf, zeigt Schliff und Finesse, da sind Massen an reifen Tanninen, eine grandiose Säure kontert die konzentrierte Frucht, das ist ein wilder und doch kontrollierter Tanz auf dem Vulkan. Im Abgang mit viel Mineralik und reifer Himbeerfrucht, fast nicht enden wollend. Einmal mehr ein ausgezeichneter RSV. 97-98 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Richebourg Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Die Nase von Richebourg präsentiert sich etwas stiller und distanzierter, als die des Romanée-St-Vivant direkt daneben, mit etwas Luft wird sie immer tiefgründiger und komplexer, Waldbeeren, steinige Noten, viel Floralität, dazu eine anregenden Würze, die an Lebkuchen erinnert, dahinter Blutorangen. Der Gaumen ist üppig und reiffruchtig, da ist eine eindrückliche Struktur mit feinsten Gerbstoffen und markanter Säure, das Holz ist präsent, jedoch sehr gut eingebunden, grossartige Balance aller Elemente. Im Abgang ist warm, reiffruchtig, mit eindrücklicher Länge und einem Mix aus floralen und würzigen Aromen im Retrofinale. Da kommt zukünftig noch mehr… 96-98 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, La Tâche Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Anfangs still und zurückhaltend, zeigt erst mit viel Luft, was in ihm steckt, dunkle Frucht, Kirschen, Pflaumen, Gebäck, Granatapfel, Caramel, Popcorn, subtile, florale Aromen, die mich an die Veilchenaromen eines Barolo Cascina Francia von Conterno erinnern, wunderbar komplex, sich stets verändernd. Im Gaumen dicht und konzentriert, gleichzeitig hochelegant, Kraft und Finesse sind hier perfekt vereint, ausgezeichnete Balance, sensationelle Gerbstoffqualität, seelenruhig und doch mit viel Energie schwebt dieser Wein über die Zunge und endet im Abgang mit majestätischer Länge auf Waldbeeren, Caramel und Veilchen 98-99 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Romanée-Conti Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Auch dieser Wein ist direkt neben La Tâche eher still und zurückhaltend, braucht sicherlich eine halbe Stunde, bis er sich öffnet, bringt dann ein ungemein nobles Parfüm hervor, klar und rein, dunkelfruchtig geprägt, dazu mit Würze, Schwarztee, Pflaumen, Tabak, Zartbitterschokolade, ein faszinierender, berührender Duft. Der Gaumen ist druckvoll, straff und ziemlich wuchtig, ein Mund voll Wein, dabei top balanciert, feinstes Tannin, grossartige Säure, ungemein viel Energie schwingt hier mit, ein Spannungsbogen, der seinesgleichen sucht. Der Abgang ist ausgesprochen langanhaltend und offenbart im Rückaroma florale Aromen sowie Zartbitterschokolade. Harmonie von A-Z. Geht Wein besser? 99-100 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Corton-Charlemagne Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Dies ist der erste Jahrgang dieses Weins und somit eine absolute Rarität, die ich hier probieren darf. Kräftiges Gelb. In der Nase feinduftig und tiefgründig, Pfirsich, Gebäck, Apfel und Zitrusfrüchte geben sich die Hand, eine feine, rauchige Note schwingt mit. Im Gaumen cremig, rund und weich im Auftakt, jedoch mit straffem Kern, da ist viel Druck und noch mehr Finesse mit im Spiel, der Wein wirkt tänzerisch leicht, ist aktuell noch ziemlich wild und ungestüm, doch die Elemente stehen in grosser Harmonie zueinander. Langer und frischer Abgang. Der Montrachet im Glas daneben verkörpert die Opulenz, dieser Corton-Charlemangne steht dagegen klar für Eleganz. 94-95 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
2019, Montrachet Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti, Frankreich, Burgund. Intensive Nase, Popcorn, Kräuter, dezente Reduktion, reife Frucht, Apfel, Mirabelle, Limetten, das Holz ist präsent, sehr nobel. Der Auftakt ist üppig, das sind schon fast zwei Mund voll Weisswein, rund und cremig, ölige Textur, reife Frucht, gekontert von einer ausgezeichneten Säure, der Wein zeigt mächtig Struktur, bleibt trotz seiner Opulenz top ausgewogen und endet im Abgang sehr, sehr langanhaltend, hinterlässt Aromen von reifen Zitrusfrüchten und wiederum etwas Popcorn. Ein ausladendes, üppiges, aus weissen Trauben gemachtes Monument. 96-97 vvPunkte (Verkostet am 2. November 2022 in St-Gallen)
Die Weine der Domaine de la Romanée-Conti sind in der Schweiz mit etwas Glück auf Anfrage bei Martel in sehr limitierten Mengen erhältlich. In Deutschland ist Kierdorfwein der offizielle Importeur.
Großartige Verkostungsnotizen. Einmal mehr sehr kompetent (scheint mir jedenfalls so) und so sinnlich, dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, mitzuprobieren.
Lieber Frank, danke für die Rückmeldung. Es ist natürlich besonders schwierig, so „grosse“ Weine in Worte zu fassen. Ich versuch jeweils mein Bestes… Herzliche Grüsse, Adrian