Die ersten 2018er trudeln ein.
Die Covid-Kriese zieht sich hin und die sonst übliche Reiserei in die Weinregionen bleibt dieses Jahr einmal mehr Wunschdenken. Schön, dass nun einzelne Musterflaschen eintruddeln, die mir erlauben, meine Eindrücke, die während der Primeur-Verkostung im Frühling 2019 entstanden sind, mit den nun abgefüllten 2018ern zu überprüfen.
Wa wären zum einen die Weine von Cos d’Estournel, welche mich En Primeur sehr überzeugt haben. Sie haben sich mit dem Ausbau gut entwickelt und untermalen, dass Cos eindeutig auf dem Weg zurück zur Eleganz ist.
2018, Pagodes Blanc, Château Cos d’Estournel, St-Estèphe, Bordeaux, Frankreich: Strahlendes Gelb. Die Nase ist verführerisch, kühl anmutend, mit Grapefruit, Limetten, Kräuterwürze. Im Auftakt straff, schlank, leichter Körper, wirkt frisch und zeigt eine feine, knackige Säure, keinerlei Holzdominanz, endet harmonisch auf Zitronen und etwas Grapefruit. Jung geniessen. 87/100 vvPunkte.
2018, Château Cos d’Estournel Blanc (im 2018 mit 33% statt normalerweise um 20% Semillon Anteil): Mittleres Gelb. Die Nase ist kräuterig, tiefgründig und komplex, daneben nehme ich Düfte war, die an einen kühlen Kamin erinnern, dazu fruchtige Noten, Mango, weisse Grapefruit, Pfirsich, Zitrusfrüchte sowie Stachelbeeren und darüber florale Töne, ein herrlicher Duft. Der Gaumen beginnt schlank, breitet sich dann aus, zeigt eine gute Struktur, die feine, reife Frucht harmoniert sehr gut mit einer wohl dosierten, gut eingebundenen Säure, das ist kräftig und frisch, saftig und druckvoll, im Abgang mit sehr guter Länge, endet auf weisse Grapefruit, einen Hauch Limette sowie eine noble Salzigkeit. Ein sehr ausgewogener, eleganter Weisswein ohne jegliche Schwere. Gefällt mir noch besser als En Primeur. 93/100 vvPunkte.
2018, Goulé, by Cos d’Estournel, Médoc, Bordeaux, Frankreich. Leuchtendes Rubinrot. Direkt nach dem Öffnen intensiver Duft, würzige Düfte vermischen sich mit einem Mix aus roten und dunklen Beeren, das Holz ist wahrnehmbar aber nicht dominant, etwas kräuterige Noten, ein schöner Duft. Im Gaumen frisch und knackig, leichter bis mittlerer Körper, top Säure, bereits gut eingebundene, fein gewobene Gerbstoffe, der Wein ist «ready for drinking», sehr lebendig und balanciert, ungemein trinkanimierend, ohne Anspruch auf Grösse aber in Sachen Harmonie sehr gelungen. Jetzt bis 2027, 89/100 vvPunkte.
2018, Les Pagodes de Cos, Saint-Estèphe, Bordeaux, Frankreich. Leuchtendes Rubin. Wunderschöne Nase, feiner, kühler, dunkelfruchtig geprägter Duft, Cassis und Brombeeren, darüber ein wenig Rauch, ganz dezent Mokka, auch Kräuterwürze. Im Gaumen weich und zugänglich, dann rascg breiter werdend, mittlelkräftiger Körper, seindenweiche, bereits gut integrierte Gerbstoffe, die Säure harmoniert mit Gerbstoff und Frucht, verleiht dem Wein einiges an Frische und trägt zusätzlich zur Struktur bei, alles wirkt sehr harmonisch. Im Abgang von sehr guter Länge, endet auf einen Mix aus dunklen Beeren und roten Kirschen, hinterlässt einen kräuterigen Retrogschmack. Der Wein bietet jetzt schon Trinkspass, hat aber genügend Struktur und Frucht für zehn oder mehr Jahre Kellerreife. 2021-2033+, 92/100 vvPunkte.
2018, Château Cos d’Estournel, Saint-Estèphe, Bordeaux, Frankreich Leuchtendes Rubin. Die Nase ist ein kleines Spektakel, ungemein komplex mit der für Cos so typischen Kräuterwürze, dazu Mokka, blonder Tabak, eine herrliche Frucht, Blaubeeren, Cassis, florale Töne, steinig kühle Noten, ein Gedicht. Im Gaumen weich und vollmundig, opulent, bereits erstaunlich zugänglich und dennoch mit jugendlicher Kraft, konzentrierte Frucht duelliert mit feinsten Tanninen, die Qualität derer ist über alle Zweifel erhaben, der Wein zeigt Spannung, Struktur, Opulenz und Eleganz. Im Abgang trotz seines mächtigen Charakters erstaunlich frisch und leichtfüssig. Bestätigt die guten Eindrücke, die ich schon En Primeur hatte. Das ist ganz sicher einer der schönsten Cos d’Estournel, die je produziert wurden. 2025-2045+, 98/100 vvPunkte.
Ein anderes Weingut, dessen Weine mir in den letzten Jahren immer besser gefallen, ist Fleur Cardinale. Das Gut verfügt über Reben, die unweit von Château Valandraud, auf dem Kalksteinplateau von Saint-Étienne-de-Lisse gedeihen. Die Weine sind in ihrer Machart modern und von hoher Qualität. Waren frühere Jahrgänge oft noch etwas üppig und breit, sind die jüngsten Jahrgänge deutlich finessenreicher und eleganter.
2018, Intuition de Fleur Cardinale, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich (85% Merlot, 15% Cabernet Franc). Leuchtendes Rubin. In der Nase direkt nach dem Öffnen mit viel dunkler Kirsche, Pflaume, Brombeere, Kräuter, Mokka. Im Auftakt schlank und straff, breitet sich dann aus, zeigt einen mittleren Körper und trotz 14.5% Alkohol viel Frische, perfekt integrierte, moderat ausgeprägte Gerbstoffe und eine saftige Säure. Mit Zug und Balance endet der Wein mittellang auf einen Mix aus roten und dunklen Früchten. Jetzt bis 2025, 88/100 vvPunkte.
2018, Croix Cardinale, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich (72% Merlot, 28% Cabernet Franc, von 50jährigen Reben) Kräftiges Rubin. Tiefgründige Nase, dunkelfruchtig, Rauch, Gewürze, Kalk, einerseits mit Aromen von reifen Früchten, dennoch kühl anmutend. Im Gaumen fleischig, dicht, rund, mittlerer bis kräftiger körper, zeigt Opulenz, bleibt dabei elegant, die seidigen, qualitativ sehr hochwertige Tannine und eine wohl dosierte Säure stützten die üppige Frucht, der Wein ist ausgewogen und im Abgang sehr langanhaltend, endet auf Brombeeren und Blaubeeren sowie eine trockene Kalknote. Jetzt (mit Belüften), besser 2023-2035+, 91/100 vvPunkte.
2018, Fleur Cardinale, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich (74% Merlot, 20% Cabernet Franc, 4% Cabernet Sauvignon, von 40jährigen Reben) Leuchtendes Rubinrot. Offene, noch etwas vom Holz betonte Nase, viele Brombeere, Kirsche, auch etwas schwarze Johannisbeeren, darüber Veilchen und Süssholz, ein schöner Duft. Saftiger Gaumenauftakt, druckvoll aber nicht überladen, Frucht und Stein geben sich die Hand, der Wein zeigt Struktur und Eleganz, das Holz ist perfekt integriert, natürlich noch etwas wild und jugendlich, aber sowas von schön. Endet langanhaltend und mit Würze. Modern vinifiziert, qualitativ top. Wer kann das nicht mögen? 2024-2040+, 93/100 vvPunkte.
Mittlerweile schon ein Klassiker für mich ist Château La Vôute, ebenfalls aus St-Emilion. Der sympathische Gaëtan Moreau keltert auf dem Kalkplateau von Saint-Etienne de Lisse auf lediglich 1.4 Hektar Rebfläche Weine, die als echte Terroir-Juwelen bezeichnet werden können. Seit der En Primeur Verkostung konnten die Weine nochmals zulegen.
2018, La Clef de La Voûte, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich (100% Merlot, Zweitwein von Château La Vôute): Leuchtendes Rubin. In der Nase Kirschsaft, Brombeeren, Rauch, dunkle Pflaume, Lakritze, darüber florale Noten, ein verführerischer Duft. Im Gaumen mit ausladender Frucht, was für ein süsses Fruchtpaket ist das, dicht, mit reifen, bereits gut integrierten Gerbstoffen und einem Trinkfluss, der kaum zu stoppen ist. Das ist ein richtiger «Spasswein» der mit allen Vorurteilen aufräumt, dass Bordeaux nicht auch jung Freude machen kann. Ein Hit! Ab sofort bis 2030. 91/100 vvPunkte.
2018, Château La Voûte, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich (100% Merlot): Dichtes Rubin. Tiefgründige und dunkelfruchtige Nase, deutliche Kalknote, florale Töne, gekochte Pflaumen, Kräuter, die 100% Neuholz sind perfekt verpackt. Im Gaumen wuchtig, reichhaltig und druckvoll, fast schom zwei Mund voll Wein sind das, feinste, qualitativ sehr hochwertige Gerbstoffe verleihen Struktur, die Säure wirkt eher mild, eine reife aber dennoch knackige Frucht tanzt mit vielen Gewürznoten, schmeichelnd cremig und langanhaltend im Abhang. Das heisse Jahr ist in diesem Wein zu spüren, doch er gefällt mir, sehr, weil er singt. Bestätigt mein Fazit aus der Primeurverkostung: Pavarotti im Weinglas. 2026-2040+, 94/100 vvPunkte.
Daneben probierte ich einige weitere Weine aus 2018, die zeigten, wie unterschiedlich die Stilistiken 2018 ausgefallen sind.
2018, Château de la Cour d’Argent, Bordeaux Supérieur, Bordeaux, Frankreich. Reife, dunkle Frucht, etwas Tee, schwarze Kirsche, ein Hauch Oliven, keine Holzdominanz, feine Kräuternote. Im Gaumen saftig und bereits zugänglich, knackige Frucht, lebhafte Säurestruktur, die Tannine sind von guter Qualität und im Abgang hallt der Wein angenehm lange nach. Nicht gross aber gut balanciert. Jetzt bis 2030+, 88/100 vvPunkte.
2018, Envie, Vignobles Franck Despagne, Montagne Saint-Emilion, Bordeaux, Frankreich. (80% Merlot, 10% Cabernet Franc, 10% Cabernet Sauvignon, 15% Alkohol). Dunkle Farbe, reife, etwas kompottige Nase, eingekochte Pflaumen, Kirschen, Weihnachgsgewürze. Im Gaumen opulent, reichhaltig, ein Mund voll Wein, reife Frucht, viel Körper, der Alkohol markiert, die Gerbstoffe sind von sehr guter Qualität, im Abgang wirkt der Wein leider etwas brandig, zeigt jedoch eine gute Länge. Das warme Jahr lässt grüssen. 2023-2030+ (?), 87/100 vvPunkte.
2018, Lynsolence, St-Emilion Grand Cru, Bordeaux, Frankreich. Kräuterige, würzige Nase, dunkle Frucht, Meerrettich, Sandelholz, Tee, viele Gewürze. Im Gaumen schlank und gradlinig im Auftakt, breitet sich dann aus, zeigt eine markante Struktur und ordentlich Druck, die Gerbstoffe sind markant, von sehr guter Qualität, die Konzentration ist eindrücklich, aktuell vielleicht fast etwas überbordend, doch der Wein hat Balance und trotz aller Kraft Fiensse. Im Abgang von sehr guter Länge, endet würzig und mit Energie. Ein ausgesprochen guter Wein, der von ein paar Jahren Reife profitieren wird. 2024-2036+, 93/100 vvPunkte.
2018, Les Gravières, St-Emilion Granc Cru, Bordeaux, Frankreich. Die Nase anfangs etwas verhalten, leicht reduktiv, braucht etwas Zeit, zeigt eine mineralische Komponente, dunkle Kirschfrucht, Pflaume und rauchige Noten. Im Gaumen druckvoll, straff, mit guter Konzentration, einer sehr schönen Tanninstruktur und einer rassigen Säure, der Alkohol dominiert nicht, die Elemente wirken harmonisch aufeinander abgestimmt. Würziger, leicht salziger Abgang. 2024-2035+, 91/100 vvPunkte.
Lieber Adrian, wenn du einen Wein so hoch bewertest wie z.B. diesen 2018-er Château Cos d’Estournel, verspüre ich grosse Lust, den Wein selbst zu probieren. Wie hoch liegt der Alkohol-Gehalt des 2018-er Cos d’Estournel? Ich bin diesbezüglich leider empfindlich. Schon manch grosser Wein mochte mir wegen des hohen Alkoholgehalts nicht richtig schmecken. Beste Grüsse, Rainer