Schweizer Pinot Noir 2015.

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Die Pinots aus der Schweiz sind in der Regel nach fünf Jahren ideal zu trinken. Das heisst nicht, dass man sie nicht länger lagern kann, denn einzelne Weine profitieren von einer längeren Flaschenreife, aber für eine erste Probe aufs Exempel sind fünf Jahre sicher keine schlechte Idee. So verkostete ich zusammen mit weininteressierten Kolleginnen und Kollegen meines Büros eine ganze Reihe von Schweizer Pinot Noir Weinen aus dem Jahr 2015.

Pinot Noir 2015 aus der Schweiz (c) vvWine.ch

Pro Kanton respektive Regeion präsentierte ich zwei bis drei Vertreter, so dass die Verkostung einen schönen wenn auch nicht repräsentativen Querschnitt durch das Pinot-Jahr 2015 der Schweiz gibt. Meine Notizen sind kurz gehalten, geben einen groben Eindruck, wie sich der jeweilige Wein präsentiert hat.

Fahne und Wappen des Kantons Graubünden

2015, Pinot Noir Selvenen, Weingut Fromm, Malans, Graubünden. In der Farbe und Nase dunkel, schwarze Kirschfrucht, krautig, frisch, tiefgründig, steinig. Im Gaumen straff, ungemein lebhaft, zeigt seine Zähne, viel Struktur, safige Frucht, sehr lang im Abgang. Ein Hit! Der klar definierte Kunstturner dieser Verkostung. Jetzt bis 2033, 93/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir, Studach, Malans, Graubünden. Helles Rubin. Offene Nase, wärmer anmutend als Fromm, helle Beeren, Tabak, Gewürze. Im Gaumen weich, frisch, zeigt Cremigkeit, eine sehr gute Struktur, mit durchaus Ecken und Kanten, viel Würze und einem straffen, langen Abgang. Hat Reserven. Der typische Bündner mit französischem Flair. Jetzt bis 2030, 92/100 vvPunkte

2015, Hallau Haalde, Markus Ruch, Neunkirch, Schaffhausen. Intensive Farbe und Frucht, anfangs deutlich vom Barrique geprägt, dunkle Beeren, Tee, Kräuter, Kalk, wirkt nobel und tiefgründig, grosse Komplexität. Im Gaumen ungemein frisch und gut strukturiert, saftig und mit perfekt integriertem Holz und sehr fein gewobenen Tanninen, top Säure und mit nur 13% Alkohol einer ausgezeichneten Balance. Endet sehr lang, dunkelfruchtig. Ein Gedicht. Irgendwie wie ein Magier. Jetzt bis 2034, 94/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir -R-, Baumann Weingut, Oberhallau, Schaffhausen: Mittleres Rubin. Offene Nase, reife Frucht, eingemachte Erdbeere, Gewürze, Kräuter. Im Gaumen vollmundig, dicht, stoffig, straff, top Säure, wirkt trotz viel Druck elegant, zeigt Schmelz, und im langen, würzigen Abgang feinkörnige Tannine. Kann reifen, wie ein 2001er kürzlich bewies… Der bodenständige Weise. Jetzt bis 2030, 91+/100 vvPunkte

2015, Aagne Pinot Noir Spätlese, Hallau, Schaffhausen. Dunkle Farbe. Offene, warm anmutende Nase, deutlich dunkle Frucht, Kirschen, Pflaumen. Satter Gaumen, rund, fast etwas mollig, milde Säure, gut eingebetteter Alkohol, mittellanger, fruchtiger Abgang. Der freundliche Charmeur. Jetzt bis 2025, 89/100 vvPunkte

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2015, Chlosterberg Pinot Noir Grand Cru, Weingut Besson-Strasser, Uhwiesen, Zürich. Dunkle Farbe. Top Nase, kühl steinig, tiefgründig, burgundisch anmutend, Kirsche, Johannisbeere, Orangen, Kräuter. Im Gaumen straff, konzentriert, sehr gute Struktur, perfekt integriertes Holz, das hat Kraft und so viel Eleganz! Kann, ja muss noch etwas reifen… Der Côte de Nuits in dieser Runde. 2022-2035, 94/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir, Weingut Pircher, Eglisau, Zürich. Mittleres Rubin. Direkt nach dem Öffnen sehr duftig, wirkt charmant, mit eher dunkler Frucht und einer feinen Würznote. Im Gaumen zugänglich, weich, jedoch mit klarer Struktur, wirkt elegant, ein wahrer charmeur, zeigt Druck, eine sehr sortentypische Aromatik und einen langen Abgang. Der klassische Schweizer Pinot mit Niveau. Jetzt bis 2030+, 92/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir Findling, Pinitium, Zürich/Thurgau (ein gemeinschafts-Wein der Weingüter Gehring und Neukom aus dem Kanton Zürich sowie dem Weingut Lenz aus dem Kanton Thurgau). Kräftiges Rubin. Offene Nase, sehr Pinot-typisch, würzig, dunkle Beeren, auch etwas Tabak, Kräuterwürze, Rhabarber. Im Gaumen weich und zugänglich, zeigt eine sehr gute Struktur, fein gewobene, reife Gerbstoffe, markante, gut eingebundene Säure und einen langen feinwürzigen und dunkelfruchtigen Abgang. Ein ausgewogenes Pinot-Paket. Der perfekte Schwiegersohn. Jetzt bis 2028, 91/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir N°2, Schlossgut Bachtobel, Weinfelden, Thurgau. Kräftige Farbe. In der Nase intensiver Duft, tiefgündig, mit feiner Würze, sehr sortentypisch, viel Kirsche, Blutorangen, florale Töne. Im Gaumen straff, schlank und elegant, eine markante Tanninstruktur trägt die reife Frucht, die saftige Säure verleiht Frische, endet im Abgang langanhalend auf Blutorangen-Zesten. Der feingliedrige Tänzer. Jetzt bis 2030, 91/100 vvPunkte

2015, Broger dynamisch, Broger Weinbau, Ottoberg, Thurgau. Kräftige Farbe. Direkt nach dem Öffnen sehr reduktiv, braucht viel Luft, Zeit, zeigt dann Speck, dunkle Frucht, würzige Noten, sehr „nature“. Im Gaumen straff und gradlinig, feinste Gerbstoffe, cremiger Schmelz, dicht und konzentriert, dennoch sehr frisch und trinkanimierend, endet sehr lang auf dunkle Kirschen und Johannisbeeren. Love it or leave it! Der Querdenker. Jetzt (dekantieren) bis 2030, 93+/100 vvPunkte

2015, Elfingen Rüeget, Tom Litwan, Oberhof, Aargau. Sehr helle Farbe. In der Nase kühl, distanziert, steinig, krautig, ein mix aus hellen und dunklen Beeren, rosa Grapefruiet, deutlich vom Kalk geprägt. Im Gaumen schlank und frisch, sehr saftig, mit noch Co2, gute Struktur, lebhaft, feinwürzig, ausgewogen, charaktervoll. Sehr langanhaltende Rückaromatik. Kein einfacher Bursche, will verstanden werden. Der Rebell. Jetzt bis 2030, 92/100 vvPunkte.

2015, Unter der Linde Grand Cru, Weingut zur Linde, Michel Jaussi, Linn, Aargau. Kräftige, dunkle Farbe. Die Nase noch deutlich vom Holz geprägt, dunkle Frucht, Kirschen, auch Brombeeren, sehr komplexes Bouquet, rauchige Noten, florale Töne. Der Gaumen ist kräftig, dicht, konzentrierte Frucht, markante, feine Tannine, dazu eine sehr gute Säure, viel Struktur, viel Frucht, im Stil eher männlich, endet dunkelfruchtig, saftig und frisch. Grand Cru eben. Jetzt bis 2032+, 93+/100 vvPunkte

2015, Pinot-Noir „B“ Rosenau, Weinbau Ottiger, Kastanienbaum, Luzern. Mittleres Rubin. Sehr duftige Nase, ungemein fein, frisch, kühl, verspielt, Himbeere, Kräuter, auch Kaffee, spannend. Im Gaumen schlank aber mit viel Druck, knackig, frisch, zeigt eine klare Linie, sehr viel Energie, verbindet eine reife Frucht mit alpiner Frische, endet sehr langanhaltend. Das ist wie ein lauer Sommerabend und dann kommt der kühle Wind. Jetzt bis 2030+, 93/100 vvPunkte.

Fahne und Wappen des Kantons Neuenburg

2015, Hauterive, La Maison Carrée, Auvernier, Neuchâtel. Direkt nach dem Öffnen offen und super duftig, das explodiert förmlich in der Nase, floral, steinig, purer Kalk, dahinter rote Kirsche, Johannisbeeren, viel Würze. Im Gaumen mit herrlicher Textur, feine Gerbstoffe, top Säure, spannungsvoll, dicht aber super elegant, sehr mit länge und Balance! Ein Spitzenpinot und offen gestanden one of my Love-Wines! Jetzt bis 2034, 94/100 vvPUnkte

2015, Cuvée Saint-Louis, Grisoni, Cressier, Neuchâtel. Mittlers Rubin. Anfangs in der Nase verschlossen, braucht etwas Luft, zeigt dann viel Fruchtigkeit, Kirschen, Erdbeeren auch zitrische Noten. Im Gaumen dicht, saftig, gradlinig, strukturiert, dunkelfruchtig, mit perfekt verpacktem Holz, viel Präzision und Energie. Lang, rein, harmonisch und mit viel Sortentypizität. Der unprätentiöse, ehrliche Nachbar. Jetzt bis 2028, 92/100 vvPunkte

Fahne und Wappen des Kantons und der Stadt Genf

2015, Pinot Noir P, Domaine Grand’Cour, Jean-Pierre Pellegrin, Genf. Kräftige Farbe. Noch stark vom Holzfassausbau geprägte Nase, eindrücklich komplex, tiefgründig, mit dunkler Frucht, Kalkstein, Würze, floralen Noten, Kaffee, Mokka, zeigt erst einen Bruchteil dessen, was die Nase in fünf Jahren bieten wird. Im Gaumen kräftig, vollmundig, rund, sehr solide Struktur, warme, reife Frucht, üppig, ausladend, doch wenn der Babyspeck weg ist, dann kommt hier sehr viel Pinot-Freude auf. Braucht unbedingt 5+ Jahre Reife. Das Pinot-Monument. 2024-2035+, 93+/100 vvPunkte.

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2015, Pinot Noir Grand Cru Raissennaz, Henri Cruchon, Echichens, Waadt. Kräftige Farbe. In der Nase duftig, mit viel reifer Frucht, Erdbeeren, Kirschen, Rhabarber, dazu ein fast schon exotisch anmutender Duft, viel Würzigkeit. Im Gaumen lebendig, mittlerer Körper, gute Struktur, markante, feine Gerbstoffe, saftige Säure, unglaublich charmant und verführerisch. Endet langanhaltend auf eine reife, dunkle Aromatik. Der charmante Exote. Jetzt bis 2028, 91/100 vvPunkte

2015, Pinot Noir Pradec, Denis Mercier, Sierre, Wallis. Mittleres Rubin. Offene, sehr intensive, reiffruchtige Nase, Kirschen, Pflaumen, dazu eine feine Würze, Nelken, Kräuter, Teer. Saftiger Gaumen, weiche Textur, cremig, warm anmutend, mit feinen, reifen Tanninen, viel süssem Schmelz und einem langen, noch leicht vom Holz geprägten Abgang. Der Warmblüter. Jetzt bis 2028, 90/100 vvPunkte

2015, L’Ambassadeur de Diego Mathier, Salgesch, Wallis. Kräftiges Rubin. Sehr duftige Nase, wirkt ungemein frisch, kräuterig, dunkle und rote Beerenfrucht, tiefgründig. Im Gaumen mit Konzentration und einer gewissen Opulenz, dennoch frisch und elegant, reife Tannine tragen die Frucht, das Holz ist perfekt integriert, endet auf reife Kirschen und eine anregende Würze. Sehr langanhaltend. Ein Spitzen-Pinot und Ambassador, der seinem Namen alle Ehre macht. Hat Reserven für eine eine lange Lagerung. Jetzt bis 2035, 93/100 vvPunkte

Zum Abschluss präsentierte ich nochmals zwei Weine aus dem Kanton Zürich. Ziel war es, den Verkostenden die Reifefähigkeit von Schweizer Weinen aufzuzeigen. Im einen Glas, der 2015er Pinot Noir Barrique, im anderen Glas der Pinot Noir Barrique aus dem Jahr 2002.

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2015, Pinot Noir Barrique, Weingut Schipf, Herrliberg, Zürich. Mittleres Rubin. Offene Nase, reife Himbeeren, auch Sauerkirschen, feine Würzigkeit, ausladend. Im Gaumen üppig, dunkelfruchtig, vollmundig, die süsse Frucht wird von fein gewobenen Gerbstoffen getragen, eine top integrierte Säure verleiht Frische. Endet langanhaltend auf einen Mix aus dunklen und roten Beeren. Der Zürcher Archetyp. Jetzt bis 2032+, 91/100 vvPunkte

2002 Pinot Noir Barrique, Weingut Schipf, Herrliberg, Zürich. Reifes Rubin, noch wenig Alterstöne. Offene, deutlich gereifte Nase, die tertiären Aromen wie Leder und Pilze dominieren, dahinter sind aber noch immer Kräuternoten, Kirschen und Pflaumen zu erkennen. Auch im Gaumen gereift, weicher Auftakt, abgeschmolzene Gerbstoffe, die Frucht ist delikat, wird von einem Säuregerüst gestützt, endet angenehm lang. Etwas über den Zenith aber durchaus noch mit genuss zu trinken, nobel gereift. Der selbstbewusste Pensionär dieser Runde. Austrinken, 88/100 vvPunkte

Die verkosteten Pinot Noir (nicht auf dem Bild: Aagne Spätlese) (c) vvWine.ch
4 Kommentare
  1. Michael Broger
    Michael Broger says:

    Schön zu sehen, dass (m)ein schwefelfreier Pinot nicht komplet aus der Reihe tanzt! Herzlichen Dank für die erfreuliche Bewertung! Liebe Gruess Michi

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  2. Victor Ledermann
    Victor Ledermann says:

    Spannend! Und irgendwie auch bestätigend: Aagne gefällig, aber überbewertet, Ruch und Besson-Strasser aussergewöhnlich, Mathier und Ottiger toll. Aber wenn schon der schwefelfreie Pinot von Broger so gut abschneidet wage ich die Aussage, dass seine „alte Rebe“ ganz an der Spitze gesstanden hätte!

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    • adrian.vanvelsen
      adrian.vanvelsen says:

      Lieber Viktor, das ist natürlich gut möglich. Die Alte Rebe ist ein sensationeller Wein. Für diese Degu wollte ich aber dem Team auch einen „nicht geschwefelten Wein“ zeigen und dieser kam sehr gut an! Gruss, Adrian

      Antworten

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