Kleine Revolution.
Im Rahmen meiner Primeur-Verkostungswoche in Bordeaux traf ich an mehreren Verkostungs-Orten auf Gregor Drescher. Gregor hat sich in den letzten 25 Jahren ein enormes Weinwissen angeeignet und kennt nicht nur die Region Bordeaux sondern eine halbe Weinwelt so gut wie seine eigene Westentasche. Als stiller Weinberater, der zwischen Bordeaux, Südfrankreich, Südafrika, Deutschland und Italien hin und her pendelt, hat er bei so manchem Top-Weingut dieser Welt seine Finger mit im Spiel. Was liegt also näher, als selber einen Wein zu produzieren, der Seinesgleichen sucht?
In Roquebrune sur Argens in der Region Var gründete Gregor Drescher sein eigenes, kleines Weingut. Nur gerade 6 Barrique pro Jahr finden im kleinen, historischen Keller Platz. Das Projekt nennt sich «La Petite Révolution» und eine eigentliche Revolution sind nicht nur die Weine, sondern auch dern an den totalen Perfektionismus grenzende Machart. Ich durfte den Visionnaire auf Château Ripeau in Saint-Emilion probieren.
2016, Visionnaire, Var, Frankreich (75% Grenache, 25% Syrah 200% Neuholz): Reifes Rubin, leicht aufgehellter Rand. Die Nase, eine wahre Droge, unglaublich tief mit grosser Komplexität und Aromenreichtum, Veilchen, Gewürze, getrocknete Kräuter, Kakau, Süssholz, Sauerkirschen, reife Walderdbeere, das ist ein Gedicht, zum Eintauchen. Im Gaumen straff im Auftakt, breitet sich dann aus, der Wein umgarnt die Zunge, man schlürft an Kaffee, man nippt an einer feinen Erdbeerkonfitüre, dabei ist nichts verkocht, keinerlei Schwere ist hier im Spiel, und das, obwohl 16% Alkohol verpackt sind. Sehr gut strukturiert, mit einem straffen, fein gewobenen Tanningerüst schwebt der Wein förmlich auf der Zunge, aromatisch irgendwo zwischen Château Rayas und einem superzarten, klassischen Barolo Monvigliero von Burlotto anzusiedeln. Endet ausgesprochen lang, würzig und trotz der üppigen Kraft sehr elegant. Das ist wahrlich gross um nicht zu sagen riesig. Ein Hammerwein, im positiven Sinne des Wortes. 2024-2038+. 19.5 vvPunkte (97/100).
Und dann wäre da noch ein weitres Projekt von Gregor Drescher. Es gedeiht gerade in Salurn. Noch nie gehört? Salurn ist die südlichste Gemeinde des Südtirols (Alto Adige), wohl vielen eher bekannt für seine etwas gewöhnungsbedürftigen Weine aus der Sorte Lagrein. Doch auch Cabernet Sauvignon und Merlot gedeihen hier vorzüglich.
Es war einer von Gregors Freunden, der ihn um Hilfe bat, aus einigen wenigen Cabernet- und Merlot-Reben, die an Terrassenlagen auf rund 600 Meter über Meer gedeihen, einen Wein zu keltern. Der 2016er ist der erste produzierte Jahrgang. Und auch dieser Wein gehört nicht zur Sorte «Pizza-Pasta-Ciao» sondern hat definitiv das Niveau und Potential, um an den noblen Tafeln dieser Welt ausgeschenkt zu werden.
2016, Risorgimento, Salurn Alto Adige, Italien (75 Cabernet Sauvignon, 25% Merlot, angebaut auf rund 600 Meter über Meer, an Terrassnlagen mit ausgezeichneter Drainage): Reifes Rubin, leicht aufgehellter Rand. Die Nase ist duftig, zeigt intensive Aromen von dunklen, reifeb Beeren, untermalt von süssen Gewürze, darüber florale Noten die mich an einen getrockneten Rosenstrauss erinnern, sehr komplex, tiefgründig und spannungsvoll. Der Gumen ist weich im Antrunk, wirkt fast schon etwas bescheiden, breitet sich dann aus, wird mundfüllend, körperreich, die reife Frucht wird von feinen Gerststoffen und einer perfekt integrierten Säure getragen, diese wirkt lebhaft, frisch und verleiht dem warm anmutenden Wein eine erstaunliche Eleganz. Dich, druckvoll, mit süsser reifer Frucht aber ohne jegliche Schwere zieht sich der Wein im Abgang lange hin, endet ungemein langanhaltend und aromatisch mit Zwetschgenkompott. Trotz warmem Charakter ein frisches, sehr ausgewogenes Trinkerlebnis. 2024-2036+, 19 vvPunkte, (95/100).
Informationen über Gregor Drescher und seine kleinen, revolutionären Projekte findet man auf seiner Homepage.
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