Ein neuer Stern am Pessac-Himmel.
Bei meinen Primeur Degustationen des Jahrgangs 2018 ist mir das Château de Rouillac zum ersten Mal positiv aufgefallen. Das Weingut, welches ich bisher nicht einmal vom Hörensagen her kannte, präsentierte sich bei der Verkostung so schön, dass ich unbedingt mehr darüber erfahren wollte. So besuchte ich während meiner kurzen Reise nach Bordeaux das Châetau de Rouillac erneut und bat Laurant Cisneros, mir mehr über seine Arbeit zu erzählen.
Eine Windrose ziert symbolträchtig die Etikette und den Vorplatz von Château de Rouillac. Sie ist eine perfekte, visuelle Analogie für die verschiedenen Lebensphasen respektive Richtungswechsel, die Laurent Cisneros vollzogen hat. Die erste Phase: Profifussball. Laurent Cisneros spielte u.a. in Cannes mit Zidane in der gleichen Mannschaft und entschied sich nach dem Ende seiner Sportler-Karriere im Jahr 1996 für einen ersten Richtungswechsel: Er wurde Heizungs-Unternehmer und entwickelte in seiner zweiten Lebens-Phase das kleine 10-Mann-Unternehmen DGS zu einem 80-Mann-Betrieb.
Im Jahr 2010 folgte dann der zweite, signifikante Richtungswechsel: Laurent veräusserte DGS und erwarb das Château de Rouillac in der noch jungen Appellation Pessac-Léognan. Dieses durch den Baron Haussmann erbaute Bijou musste im wahrsten Sinne des Wortes wachgeküsst werden. Laurant investierte in grosszügige Renovationen und entwickelte mit Unterstützung des renommierten Oenologen Eric Boissenot, der auch Latour, Lafite-Rothschild, Margaux, Mouton-Rothschild, Palmer, Pichon Comtesse, Pichon Baron, Ducru-Beaucaillou, Brane Cantenac, Léoville Barton, Léoville Las Cases und Gruaud-Larose berät, über die letzten zehn Jahre einen Rotwein, der sich qualitativ nicht hinter den ganz grossen Weinen der Appellation Pessac-Léognan verstecken muss. Neben dem Roten Château de Rouillac ist auch der Weisswein von beachtlicher Qualität.
Als Vize-Präsident des Syndicat Pessac-Léognan und mit grosser Rückendeckung seiner Familie, allen voran seiner Frau Sophie sowie den drei Töchtern Mélanie, Ophélie et Eugénie, setzt Laurent alles daran, Château de Rouillac sowie die ganze, leider etwas verkannte Appellation Pessac-Léognan, verstärkt in den Köpfen der Weinliebhaber*innen zu positionieren.
Damit es dem umtriebigen Unternehmer nicht allzu langweilig wird, ist Laurant auch passionierter Pferdesportler. Zusammen mit seiner Tochter Mélanie pflegt er das Hobby Springreiten. Mehrmals wöchentlich trainiert das Vater-Tochter-Duo direkt auf dem Trainings-Parcours von Château de Rouillac, welches neben den Weinproduktions-Gebäuden auch über grosszügige Pferde-Stallungen verfügt. Kürzlich gewannen die beiden sogar einen Pferde-Concours in Bordeaux und Laurent fügte stolz und verschmitzt an: «Je n’y vais pas pour participer, j’y vais pour gagner». Nun, ein Winner-Typ ist Laurent auf jeden Fall und ganz offen gesagt: Mein Herz haben er, seine Familie und seine Weine bereits gewonnen.
Die Rotweine: Jahr für Jahr mehr Finesse und Eleganz.
2019, Château de Rouillac, Pessac-Léognan (En Primeur – 13.5%, Cabernet Sauvignon, Merlot). Kräftiges Rubinrot. Feine, noble Nase, Kirschen, Himbeeren, Brombeeren, Kräuter. Der Gaumen ist straff, konzentriert, satte, saftige, enorm knackige Frucht, perfekt reife Gerbstoffe, diese sind fein gewoben, hier gehen Kraft und Eleganz Hand in Hand, energiegeladen und mit einem langen, harmonischen Abgang. Ein ausgezeichnetes Fruchtbündel mit viel Finesse und Präzision. Für mich klar einer der «Rising Stars» im Pessac-Léognan! 2024-2035+. 92-94/100 vvPunkte
2018, Château de Rouillac, Pessac-Léognan. Dichtes Rubin. Was für ein Duft, intensive Frucht, Himbeeren, Brombeeren, Cassisgelée, darüber ein Hauch Vanille, sehr komplex. Der Gaumenauftakt fruchtbetont, ein Mund voll Wein, viel Gerbstoff, dieser ist von sehr guter Qualität, da ist eine schon fast unwirklich anmutende Frucht, Himbeer-Bonbon lässt grüssen, trotz Power und Druck wirkt der Wein nicht schwerfällig, sondern frisch, hallt im Gaumen sehr lange nach. Ein opulentes, aber dennoch finessenreiches Fruchtbündel. 2024-2038+ 93/100 vvPunkte
2017, Château de Rouillac, Pessac-Léognan. Noch etwas verhaltene Nase, anfangs leicht medizinal wirkent, mit mehr Luft viele dunkle und rote Früchte, würzige Noten, auch leicht krautig, darüber Süssholz und Blutorangen, komplex. Im Gaumen weich, zugänglich, mittlerer Körper, feine, bereits gut integrierte Gerbstoffe, die Säure markiert, verleiht viel Frische, trägt die rote Frucht in einen mittellangen Abgang. Endet einen Tick trocknend. Macht heute bereits Spass, für die mittlere Reife gebaut. Ein «Vin de Plaisir» 89/100 vvPunkte.
2016, Château de Rouillac Rouge, Pessac-Léognan. Kräftiges Rubin, noch jugendlicher Glanz. Intensive, tiefe Nase, dunkle Frucht, Brombeere, Tabak, Rauch, Gewürze, sehr komplex. Im Gaumen kraftvoll, noch jugendlich, mittlerer, bis kräftiger Körper, sehr knackige Frucht, getragen von markanten Tanninen, diese fein gewoben, das hat Zug, Saftigkeit und Frische, die Säure wirkt lebendig, ist genau richtig dosiert, im Abgang von eindrücklicher Länge, endet würzig und auf eine noble Tabaknote. Dieser Wein untermalt die qualitative Entwicklung auf Château de Rouillac perfekt. 2020 bis 2030+ geniessen. 93/100 vvPunkte
2015, Château de Rouillac Rouge, Pessac-Léognan. Leuchtendes Rubin, schöner Glanz. Expressive Nase, viel Tabak, Anflüge von Schwarztee, getrockneten Rosenblüten, Himbeeren. Im Auftakt vollmundig, weich, rund, packt dann zu, zeigt fein gewobene Gerbstoffe, eine milde, dem Jahrgang entsprechende Säure, trotz der Konzentration keine Schwerfälligkeit, endet sehr langanhaltend auf Süssholz-Raspel und Nelken. Macht heute schon viel Spass, dürfte sich locker 5-10 Jahre auf diesem Niveau halten. Fast schon burgundisch! Jetzt bis 2028 geniessen, 91/100 vvPunkte
2014, Château de Rouillac Rouge, Pessac-Léognan. Mittleres Rubin, schöner Glanz. Intensive Nase, sehr duftig, zeigt neben roten Beeren auch Tabak sowie etwas frisch geraspeltes Süssholz, komplex, verspielt. Der Gaumen beginnt fast harmlos, schlank, breitet sich dann aus, wird vollmundiger, bleibt elegant, sehr schön integrierte Gerbstoffe, solide Struktur, die Säure hält frisch, stützt die rote Beerenfrucht. Langer, feinwürziger Abgang. Aktuell wunderbar zu trinken, zeigt viel Terroir-Typizität und beweist, dass 2014 zwar kein grosses, aber ein sehr gelungenes Jahr ist. Jetzt bis 2026+ geniessen, 89/100 vvPunkte
Frische, ausgewogene Weissweine.
2019, Château de Rouillac Blanc, Pessac-Léognan. (13.5%, Sauvignon Blanc, Sauvignon Gris, Sémillon). Helles Gelb. Sehr schöne Nase, frisch anmutend, zeigt Noten von Limetten und Kräutern, dazu weisse Grapefruit, Zitronenzesten, Blütenhonig. Der Gaumen ist cremig, zeigt eine gewisse Opulenz, die satte, reife Frucht wird von einer frischen Säure getragen, saftig, ausgewogen und mit sehr guter Länge. Endet auf Grapfruit-Aromen. Ein ausgewogener Pessac-Léognan, macht bereits heute Spass, hat aber gute Reserven für einige Jahre Kellerreife. 2020-2030. 91/100 vvPunkte
2018, Château de Rouillac Blanc, Pessac-Léognan. Mittleres Gelb. In der Nase holzbetont, dahinter jedoch sehr frisch, Blüten, Apfel, weisser Pfirsich, Gräser. Fülliger Auftakt, reife, satte Frucht, sehr gut integrierte Säure, gut strukturiert, im mittleren Gaumen saftig, im Abgang feinwürzig, fast schon spicy mit einer feinen Röstnote. 2020-2026. 89/100 vvPunkte
Auch der Zweitwein Le DADA ist von beachtlicher Qualität.
2017, Le DADA de Rouillac Rouge, Pessac-Léognan. Mittleres Rubin, leicht aufgehellter Rand. Offene Nase, würzig, etwas weisser Pfeffer, welke Blüten, eingemachte Himbeeren. Weicher Gaumenauftakt, leichter Körper, moderate Gerbstoffe, diese sind bereits gut integriert, die Säure stütz, hält den Wein frisch, im Abgang von mittlerer Länge, endet auf Sauerkirsche. Ein frischer Wein, unkompliziert, aber nicht banal. Jetzt bis 2024 geniessen, 87/100 vvPunkte
2016, Le DADA de Rouillac Blanc, Pessac-Léognan. Helles Gelb, weisslicher Rand. Offene, fruchtige Nase, reifer Apfel, weisse Grapefruit, Gräser, dezent Blüten, verspielt. Im Gaumen schlank, frisch, knackig, hat Zug und Saftigkeit, leichter Körper, solide Struktur, das Holz super dezent, die Säure fast schon burgundisch anmutend. Endet kurz aber sehr stimmig. Bitte noch ein Glas. Jung geniessen, aber bei 10 Grad bitte. 88/100 vvPunkte
Und dann wäre da noch de Rioja…
Dieser Wein ist quasi ein kleines Erbstück Laurents, dessen Vorfahren in Spanien lebten. Seine Gross- und Urgrossvälter kultivierten auf einer kleinen Parzelle einige Tempranillo-, Mazuelo- und Graciano-Reben. Laurent taufte den Wein El Cardinal, da Francisco Jiménez de Cisneros 1495 zum Erzbischof von Toledo und 1507 zum Kardinal ernannt wurde. Es ist ein finessenreicher Rioja-Wein, der die Balance zwischen Tradition und Moderne bestens meistert. Nicht gross, aber grossartig zu trinken…
2015, El Cardinal, Rioja Reserva. Mittlers Granatrubin. Offene Nase, eingekochte Früchte, rote Beeren, etwas Magenbrot, Weinbeeren. Im Gaumen weich, zugänglich, süsse, reife Frucht, mittlerer Körper, milde Säure, sehr feine Gerbstoffe, wirkt gut strukturiert und sehr elegant, die Frucht harmoniert mit der Struktur, der Alkohol ist perfekt verpackt. Endet mittellang, würzig. Jetzt bis 2028 geniessen. 89/100 vvPunkte.
Mehr Informationen über die Familie Cisneros und ihre Weine findet man auf der Homepage von Château de Rouillac. Und last but not least: Laurent Cisneros und sein Team suchen noch Importeure für den DACH-Raum. Ich kann euch wertgeschätzten Händlern dieses Weingut nur herzlichst empfehlen. Es ist wahrlich ein neuer Stern am Pessac-Himmel.
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