Jsotta Vermouth: schon mal gehört?
Jsotta war Kult. Der Vermouth mit Schweizer Wurzeln war in den 50er und 60er-Jahren in der lokalen Barszene kaum wegzudenken. Jsotta war der erste Schweizer Vermouth, der aus Schweizer Wein und mit Schweizer Kräutern hergestellt wurde. Das war einmal. 1972 geboren muss ich eingestehen: es war definitiv vor meiner Zeit. Erinnern aber kann ich mich an die Plakate, welche heute noch für teilweise über CHF 1’000.– gehandelt werden. Ich kam mit diesen Plakaten während meiner Ausbildung als Schriften-Reklamemaler in den 90er-Jahren in Kontakt; lange ist’s her…
Heute, einige Dekaden später, feiert Isotta seine Wiedergeburt. Und ich male keine Schriften und Reklamen mehr sondern schreibe in meiner spärlichen Freizeit über WEIN. Und plötzlich liegt da ein Paket mit zwei Vermouth-Flaschen von Jsotta im Briefkasten. Da ich nun definitiv keine Referenz für Vermouth bin, trotzdem aber offen für Neues, schmälerte dies die Attraktivität des Paketes keinesfalls. Im Gegenteil, als absoluter Vermouth-Amateur interpretierte ich es als klare Aufforderung, ein Getränk zu verkosten, welches ich bisher lediglich zum Kochen benutzt habe. Ohne Anspruch auf Treffsicherheit bei den Beschreibungen, nachfolgend meine Verkostungsnotizen:
Jsotta Vermouth Bianco: Kräftiges Gelb, aufgehellter Rand. Die Nase ist intensiv, zeigt Aromen von Mandarinen, Orangenzesten, Vanille, Petrol, mit mehr Luft auch florale Aromen die an Orangenblüten erinnern sowie einen mit Zwiebeln angebratenen und mit Rotwein abgelöschten Fisch, sehr gute Komplexität.
Am Gaumen kräftiger Auftakt, deutliche Süsse, wieder Vanille, satte Frucht, breitet sich aus, zeigt viel Cremigkeit, mehr und mehr kommt die bittere Note zum Vorschein, Zartbitter-Orangen-Konfitüre lässt grüssen, dabei aber mit sehr guter Ausgewogenheit, nicht zu klebrig, gerade richtig. Im Abgang langanhaltend, zartbitter-süss. 18 vvPunkte (90/100).
Jsotta Vermouth Rosso: Kräftiges Rubin, schöner Glanz. In der Nase deutliche Portweinnoten, wirkt leicht spritig, etwas oxidativ, viele Weihnachtsgewürze, Vanille, Zimt, Nelken dazu deutlich „Mon-Chéri“, Kirsche, dunkle Schokolade, interessant, ungewohnt aber durchaus komplex.
Am Gaumen kräftiger Auftakt, ich nehme Anflüge eines leicht überreifen, aus angetrockneten Trauben (Amarone-Typ) vinifizierten Schweizer Pinot Noir wahr, körperreich, voluminös, ja opulent, eine Rubensfigur mit viel süsslichem Schmelz, mehr und mehr kommt dann eine dezente Bitternote dazu, Rosinen vermischen sich mit Puderzucker, geröstetem Holz sowie Bittermandeln, komplex, langanhaltend, füllig und mit einer gewissen Schwerfälligkeit. Etwas weniger elegant als die weisse Version, eher für’s liebestrunkene Paar auf dem Bärenfell vor dem Kaminfeuer. 17.5 vvPunkte (88/100).
Definitiv zwei spannende Getränke mit einer echten Geschichte, einem ansprechenden Retro-Design und einem qualitativ einwandfreien Inhalt. Für meinen persönlichen Gusto klar auf der zu opulenten, süssen Seite. Als Element in einem Mix-Getränk oder gut gekühlt und in moderaten Dosen pur genossen aber durchaus einen Versuch wert. Diverse Bars bieten Jsotta an.
Beide sehr Köstlich, grosse Unterschied von klasische Vermuth. Mit Tonic ist perfect oder pur.