10 Jahre Pinot Noir «B» Rosenau von Toni Ottiger

, , , ,

Ich lernte Toni Ottiger von Weinbau Ottiger an der diesjährigen Grand Prix du Vin Suisse Jurierung in Sierre kennen. Wir wechselten beim Frühstück einige Worte und ich musste ihm gegenüber zugeben, dass ich seine Weine bisher noch nie im Glas hatte. Das war eine echte Bildungslücke, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Toni lud mich einige Wochen später zu einer Vertikale ein, bei der eine ausgewählte Gruppe von Wein-Journalisten und Gastronomen die Entwicklung des Top-Weins von Ottiger über die letzten zehn Jahrgänge entdecken und beurteilen durfte.

Weinbau Ottiger, Kastanienbaum am Vierwaldstädtersee (c) vvWine.ch

Der Pinot Noir «B» Rosenau ist im Jahr 2008 geboren. Die Trauben für diesen Wein stammen aus Reben, die auf sandigen und lehmhaltigen Böden an idyllischen Hanglagen auf der Halbinsel in Kastanienbaum am Vierwaldstättersee gedeihen. Geburtshelfer und Paten-Onkel ist der Oenologe Raphael Burki, der schon im Jahr 2008 das Weingut Rosenau von Toni Ottiger bei der Weinproduktion begleitete und seinerzeit eine Diplomarbeit zum Thema «Auswirkungen von Blättern auf den Tanningehalt in Trauben und Wein» schrieb. Toni Ottiger stellte dem jungen Burki einige Rebzeilen zur Verfügung, welche dieser für «Versuche» und seine Arbeit benutzen konnte. Burki, ursprünglich gelernter Elektriker, hat in Geisenheim studiert und vor seinem Engagement bei Ottiger bei Ruedi Baumann in Oberhallau und Hans-Ulrich Kesselring auf dem Schlossgut Bachtobel mitgewirkt. Seit 2010 bewirtschaftet Burki auch ein sehr kalkhaltiges Terroir in Neuseeland und keltert dort aus den Sorten Chardonnay und Pinot Noir finessenreiche Weine im burgundischen Stil.

Spektakuläre Lage mit See- und Bergsicht. Hier muss sich Pinot Noir einfach zu Hause fühlen! (c) vvWine.ch

Nun, zehn Jahre später, steht der 2017er Pinot Noir «B» Rosenau kurz vor der Abfüllung und die Gruppe von vinophilen Menschen durfte an einem herrlichen Frühherbst-Tag auf dem vielleicht aussichtsreichsten Schweizer Weingut die letzten zehn Jahrgänge des Pinot Noir «B» Rosenau verkosten. Aussichtsreich hat dabei einen Doppelsinn. Zum einen geniesst man vom Weingut Ottiger aus eine herrliche, um nicht zu sagen spektakuläre See- und Bergsicht. Zum anderen dürfte das Weingut einer rosigen Zukunft entgegenblicken, denn wenn dereinst noch mehr Weinliebhaber die hervorragenden Qualitäten der Rosenau Pinot Noir Weine entdecken, dürfte die Nachfrage nach diesen Weinen weiter ansteigen.

Unter der kompetenten Leitung von Raphael Burki, Toni Ottiger sowie Martin Kilchenmann, der selber ihn Hergiswil lebt, und der die Ottiger-Weine seit Jahren verfolgt, konnte ich mir an diesem Vormittag in Ruhe meine Notizen zum Pinot Noir «B» Rosenau machen.

Die 10 verkosteten Jahrgänge Pinot Noir «B» Rosenau von Weinbau Ottiger: 2008-2017. (c) vvWine.ch

2008, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, Ende Oktober gelesen). Helles Rubin, praktisch keine Alterstöne. In der Nase mit reifen Kirschen und Anflügen von Zitrusfrüchten, dazu rauchige Noten, dunkle Beeren, und etwas Speck. Im Auftakt weich, mittlerer Körper, gute Struktur, die Gerbstoffe sind sehr schön integriert, eine jahrgangstypische, saftige Säure stützt die Frucht, aromatisch mit schönen Reifenoten, dazu Erdbeeren und Johannisbeeren. Im Abgang mit Sauerkirschen, elegant und mit wunderbarem Trinkfluss. Der saftige Tischkumpane. Trinken bis 2023. 17.5 vvPunkte (89/100).

2009, Pinot Noir«B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, am 16. Oktober nach einem warmen Jahr gelesen). Leuchtendes Rubin, noch schöner Glanz. Intensive Nase, noch immer etwas vom Holz geprägt, dunkle und rote Beeren geben sich die Hand, dazu Lakritze. Im Auftakt vollmundig und kraftvoll, ein Mund voll Wein, sehr satte Frucht, markantes aber gut integriertes Holz, die Gerbstoffe markieren noch immer deutlich, die Säure ist stimmig, feinwürzig, ja fast schon pikant endet der Wein mittellang auf Blutorangen und einen Hauch Curry. Trotz fast 10 Jahren auf dem Buckel hat dieser Wein noch immer sehr gute Reserven. Ein Langstreckenläufer. Jetzt bis 2025+ geniessen. 18.5 vvPunkte (92/100).

2010, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir aus dem kühlsten Jahr der Verkostung, am 5. November gelesen). Helles Rubin, dezente Brauntöne am Rand. Offene, bereits entwickelte Nase, dezent käsige Noten, dazu rote Kirschen, Cassis, Heu, welke Blüten, merklich Holz. Im Auftakt straff, saftig, rotfruchtig, die Gerbstoffe sind noch präsent, der Wein zeigt allerdings eine etwas wacklige Struktur, wird von der Säure dominiert, diese stützt die feine Frucht welche aromatisch an Sauerkirschen und rote Johannisbeeren erinnert, dazu wieder eine dezente Röstaromatik vom Barrique. Ein etwas schlank geratener, angenehm komplexer, wenn auch nicht 100% ausgewogener Wein. Ein Kind seines Jahrgangs, zeigt dennoch viel Trinkfluss. Bis 2024 zum Beispiel zu Kalbsbraten oder einem Pilzgericht geniessen. 17.5 vvPunkte (88/100).

Adrian van Velsen von vvWine.ch konnte in aller Ruhe seine Verkostungs-Notizen machen (c) vvWine.ch

2011, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, am 18. Oktober gelesen). Mittleres Rubin. Sehr schöne Nase, expressiv, würzig, rotfruchtig und mit rauchigen Noten, die Röstaromatik ist noch präsent, der Wein wirkt verspielt und verändert sich mit Luft, wird komplexer. Im Auftakt sehr weich und zugänglich, breitet sich dann aus, wirkt gut strukturiert, vom Stil her wärmer als 2010 mit fast schon molligen Kurven, ungemein schmeichelnd, aromatisch mit roten und dunklen Beeren, klar definiert, mit fein gewobenen Gerbstoffen, einer sehr gut integrierten Säure und einem sehr schönen Abgang, endet auf Blutorangenzesten und Kirschen. Eine attraktive Beauty, jetzt bis 2025. 18.5 vvPunkte (92/100).

2012, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, am 24. Oktober gelesen). Leuchtendes Rubin, aufgehellter Rand. Verhaltene Nase, braucht Zeit sich zu öffnen, erst feinduftig und floral, dann mehr und mehr krautig-würzig, dezent auch mit laktischen Noten und etwas Räucherspeck. Im Auftakt weich und zugänglich, mittlerer bis kräftiger Körper, zeig Druck und Stoffigkeit, merklich extrahiert, gut integriertes Tannin, leicht krautig auch hier am Gaumen doch mit schöner, kompakter, dezent warm anmutender Frucht, die Säure ist stimmig, das Holz wirkt gut integriert. Im Abgang von mittlerer Länge, endet rotfruchtig und würzig. Ein Wein der irgendwo zwischen Hitze und kühlem Nass, zwischen Kraft und Eleganz steht. Bis 2025+ geniessen. 18 vvPunkte (90/100).

2013, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, gelesen am 31. Oktober). Kräftiges Rubin, noch jugendlicher Glanz. In der Nase intensiv mit Erdbeeren, dunklen Beeren und einer fast schon exotisch anmutenden Aromatik, wirkt verspielt, verändert sich mit Luft, wird würziger, komplexer. Im Auftakt zugänglich und charmant mit feiner, weicher Textur, zeigt ganz dezent Kohlensäure, reife, fein gewobene Gerbstoffe und eine markante Säurestruktur, aromatisch sehr komplex, einerseits fruchtbetont mit Erdbeeren, Kirschen und Johannisbeeren dann auch mit Kräuterwürze die mich an Zitronentyhmian erinnert. Endet angenehm langanhaltend, frisch und sehr würzig. Ein stimmiges, elegantes Pinot-Paket, das mir stilistisch sehr gut gefällt. Macht jetzt Spass, kann aber reifen. Bis 2026+. 18.5 vvPunkte (92/100).

2014, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, gelesen am 20. Oktober). Kräftiges Rubin. Intensive, angenehm tiefe Nase, dezent rauchig, dunkle Kirschen, Speck, darüber frisch geschnittene Kräuter, sehr gute Komplexität. Am Gaumen fruchtbetont, mittlerer Körper, fein gewobenes Tannin, genau richtig bezüglich Konzentration, nicht überextrahiert aber auch nicht zu schlank, Anflüge von Cassis, dazu deutlich Sauerkirschen. Endet im Abgang erstaunlich langanhaltend und mit einer wunderschönen Würzigkeit. Den Jahrgang sehr gut gemeistert und für mich einer der besten Schweizer Pinots aus 2014. Jetzt bis 2024+. 18 vvPunkte (90/100).

Von «schön gereift» (2008/2010/2011) über «kann noch liegen» (2009/2012/2013/2014) bis hin zu «jugendliche Top-Pinot’s» (2015/2016) sowie «noch nicht abgefüllt» (2017) war alles dabei (c) vvWine.ch

2015, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, gelesen am 5. Oktober). Leuchtendes Rubin. Steinig-kühle und gleichzeitig fruchtige, sehr expressive Nase, reife Himbeeren und dunkle Kirschen geben sich die Hand, dazu Waldbeeren und viel Kräuterwürze, das Holz noch wahrnehmbar, eine feine Mokkanote schwingt mit, ein herrlicher Duft, sehr komplex. Im Auftakt mit Druck und Schmelz, ein Mund voll Wein, viel Körper, feinste Gerbstoffe und eine perfekt dosierte Säure stützen die satte Frucht, das hat viel Energie, ist kraftvoll und doch hochelegant, hier stehen Kraft und Finesse in sehr guter Harmonie zueinander. Im Abgang ausgesprochen langanhaltend. Ein Top-Pinot, macht jetzt schon Spass, kann dennoch sehr lange reifen. Jetzt bis 2030+. 18.5 vvPunkte (93/100).

2016, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, am 16. Oktober gelesen, in einer offenen 2000 Liter Holzstande vergoren). Leuchtendes Rubin, jugendlicher Glanz. Tiefe, noch vom Holz geprägte Nase. Mit Luft zeigt der Wein einen wunderbar komplexen Duft, dunkle und rote Beeren tanzen mit Kräutern, Gräsern und Aromen vom Holzfassausbau, dazu kommen würzige und florale Noten. Der Auftakt ist gradlinig und saftig, ungemein kompakt, straff, dicht und dennoch hochelegant, der Wein hat einen mittleren Körper und eine ausgesprochen gute Struktur, sehr vertikal, mit superfein gewobenen Gerbstoffen und einer perfekt dosierten Säure. Im Abgang von ausgezeichneter Länge. Aktuell natürlich noch von der Struktur geprägt, doch ich bin mir sicher: hier reift ein grosser Wein heran! Ob dereinst der 2015er oder der 2016er ein Duell gewinnen wird? Die Zeit wird es zeigen! Ich würde aber auf 2016 wetten. 2020 bis 2030+, 18.5+ vvPunkte (93+/100).

2017, Pinot Noir «B» Rosenau AOC, Weinbau Ottiger, Horw, Luzern (100% Pinot Noir, am 27. September gelesen. Fassmuster). Leuchtendes Rubin. Noch vom Ausbau geprägte Nase, rot- und dunklelfruchtige Aromen, auch etwas Apfel, leicht oxidativ, darüber deutlich florale Noten, gutes bis sehr gutes aromatisches Potential. Im Gaumen mit weichem Auftakt, wird dann rasch saftig, sehr klar, zeigt einen mittleren Körper und eine gute Säurestruktur, die Gerbstoffe sind wohl dosiert, tragen die rote Frucht. Im Abgang mit sehr schönem aromatischem Potential. Vermutlich nicht ganz auf dem Niveau von 2015 und 2016 aber mit sehr guten Anlagen. 18+ vvPunkte (91+/100).

Neben der Vertikalverkostung des Pinot Noir «B» Rosenau blieb an diesem Vormittag auch noch Zeit, einige andere Weine von Toni Ottiger und Raphael Burki zu probieren. Besonders gut gefallen haben mir dabei der 2016er Pinot Noir Spissen Rosenau (ein sehr finessenreicher und eleganter Pinot der schon früh Trinkspass bietet und dennoch sehr gut reifen dürfte). Ebenfalls spannend waren die beiden Pinot Noir «Lime Hill» mit den Jahrgängen 2016 und 2017. Was Burki hier in Neuseeland keltert, ist ein exotisch anmutender, fruchtbetonter und ungemein würziger Tropfen mit sehr guter Struktur und viel Charme.

[metaslider id=“10566″]

An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an Toni Ottiger und sein Team für diese interessante Vertikal-Probe, welche durch einen finessenreichen Apéro riche von Hans-Peter Suter vom Restaurant Kreuz in Emmen abgeschlossen wurde.

Sämtliche Weine von Weinbau Ottiger sind direkt ab Weingut erhältlich.

0 Kommentare

Dein Kommentar

Want to join the discussion?
Feel free to contribute!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.